Dresden – Extremes Niedrigwasser an der Elbe

Niedrigwasser an der Elbe - die Raddampfer der Sächsischen Dampfschifffahrt liegen (fast?) auf GrundSeit Tagen geistern immer wieder dramatische Bilder aus Dresden durch die deutschen Medien. Die Kamera auf den Boden gelegt, so dass man nur noch Steine und kein Wasser mehr sieht. Fotos, die man aus dieser Perspektive allerdings auch selbst bei einem etwas höheren Pegelstand noch hinbekommt! Reißerische Sätze wie “in Dresden kann man vielerorts bereits trockenen Fußes die Elbe durchqueren” sollen wohl das Sommernachrichtenloch stopfen. Denn das entspricht zum Glück (noch) nicht ganz der Realität. Für Godzilla oder andere Schreckenswesen mag die Aussage vielleicht zutreffen, ansonsten fließt schon noch immer ordentlich Wasser und in der Fahrtrinne steht es einem sprichwörtlich bis zum Hals. Die Schifffahrt ist bereits lange zum Erliegen gekommen, die Elbfähren in Dresden können nicht mehr verkehren und es ist auch schon eine Zeit her, dass der letzte historische Raddampfer mit Touristen in Richtung Elbschlösser losgeschippert ist. Und dieses Wochenende zum Dresdner Stadtfest wird die traditionelle Dampferparade leider auch nicht stattfinden können.

Der Theaterkahn zeigt den Pegel der Elbe in Dresden an, gestern waren es 49 cm, heute immerhin 50. Und unten links sieht man wie auch hier die Steine im Flussbett dem Kahn immer näher rücken.Angesichts der ganzen Hiobsbotschaften wird man natürlich neugierig. Und trotz (mir langsam gar nicht mehr zusagenden…) Hitze wollte ich mir heute mal selber ein Bild davon machen, bevor morgen das überbreite Elbufer und die völlig ausgedörrten Elbwiesen von Abertausenden von Stadtfest-Besuchern gestürmt werden. Und so sind wir am Nachmittag mal kurz ans und ins Wasser. Gestern zeigte die Messstation am Theaterkahn noch einen rekordverdächtigen Wert von 49 cm an, heute war es – wie man auf dem Foto rechts sehen kann – immerhin schon ein Zentimeter mehr. Wo der herkommt? “Man wees es ni”…

Vielleicht als Tipp für alle die noch auf der Suche nach einem Service für zu Hause sind: In der Elbe gibt es einiges zu holen, man sollte es vielleicht vor der Verwendung noch etwas abwaschen! ;-) Unterhalb des ersten Bogens der Augustusbrücke, dort wo sonst meterhoch das Wasser steht, sind wir neugierig zwischen den Steinen herumgesprungen. Einen 500g-Goldbarren, so wie in Bayern, haben wir (leider…) nicht gefunden, aber dennoch hatte die Dürre der letzten Monate auch hier ungeahnte Schätze freigelegt. Mir sagte das natürlich alles nichts, aber als DDR-Bürger war man kurz aus dem Häuschen angesichts des mehrteiligen Mitropa-Geschirrservice, das dort mit Algen übersät, aber teilweise noch völlig intakt herumlag. Den Teller mit der Aufschrift der “Mitteleuropäischen Schlaf- und Speisewagen Aktiengesellschaft”, den man mit Begeisterung aus der Elbe gefischt hat, musste ich auch gleich mal etwas näher anschauen bzw. verewigen. :)
Und wir sind übrigens im Anschluss dann tatsächlich “trockenen Fußes” über die Elbe gekommen, haben dafür aber die Augustusbrücke benutzt! Weitere Plätze, die wir dafür empfehlen könnten, wären noch das Blaue Wunder, die Marien- oder die Carolabrücke. ;)

Kaum ein großer Fluss neigt zu solchen Extremen wie die Elbe in Dresden. Ziemlich genau zu dieser Zeit vor 13 Jahren stand beim Jahrhunderthochwasser im August 2002 die halbe Stadt unter Wasser, damals erreichte der Pegel der Elbe einen Stand von 9,40 m. Ähnlich im Sommer vor 2 Jahren als im Juni ein erneutes Jahrhunderthochwasser mit 8,76 m zu enormen Schäden führte. Das habe ich ja auch schon selber miterlebt und es war schon beängstigend hinter all den Sandsäcken und wie die Wassermassen bei den Gucklöchern vorbeischossen und sich bedrohlich dem oberen Ende der Hochwassermauern näherten.

Derzeit zeigt sich der Fluss von seiner ganz anderen Seite: so friedlich wie schon seit Monaten nicht mehr und das spärlich vorhandene Wasser ist spiegelglatt. Die einzigen Wellen die seit Wochen regelmäßig anrollen sind die Hitzewellen – und die haben es diesen Sommer in sich! Die Temperatur lag in Dresden im Juli fast 2°C über dem Durchschnitt, im August sind es bislang sogar sagenhafte +6,3°C! Das Themometer zeigt ja auch jeden Tag weit über 30°C und heute wieder…
Geregnet hat es hier in der Gegend im August noch gar nicht und seit dem Frühling auch kaum. Die unwetterartigen Wetterumschwünge tobten sich meist im Süden oder Westen Deutschlands aus, für Dresden oder Sachsen blieb da meist nicht viel Feuchtigkeit mehr übrig. Und wenn, dann war es nur ein kurzer tropischer Starkregen, der sich am Pegel der Elbe kaum bemerkbar machte.

 An dieser Stelle kann man nur bei extremen Niedrigwasser stehen, unter normalen Bedingungen reicht einem hier das Wasser der Elbe nicht nur bis zum Hals sondern weit über den Kopf.

 Schon lustig, wohin die Hitze manche Leute treibt. Aber bzgl. Bademöglichkeiteen sieht es ja in Dresden generell (sehr) schlecht aus... ;-(

 Auf dem Bild sieht man nochmal wie weit das Flussufer zurückgewichen ist und die wie ausgedörrt die sonst saftig grünen Elbwiesen aussehen. Unten im Bild das Mittelalterdorf, das gerade für das Dresdner Stadtfest aufgebaut wird.

Dass derzeit an der Elbe ein sehr seltenes Ereignis stattfindet, das steht außer Frage. Mit einem Wert von 49 cm und einer Durchflussmenge über 70 m³/s schafft es das Jahr 2015 allerdings noch nicht in den Top 10 der Niedrigstrekorde seit Beginn der Aufzeichnungen. Hier gibt es aktuellen Wasserstand + Durchfluss zu sehen und auf dieser Webseite eine schöne Übersicht in tabellarischer Form der Extremwerte. Niedrigwasserrekordhalter ist interessanterweise ein Wintertag, der 9. Januar 1954 mit einem Wert von 22,5 m³/s, gefolgt vom 15. August 1952 mit 35,8 m³/s. Mit einem Pegelstand von nur 5 bzw. 21 cm konnte man damals wohl wirklich trockenen Fußes den (nicht vorhandenen) Fluss überqueren (Quelle).

Der Hungerstein in Pirna Oberposta ragte bereits am 9. Juli 2015 schon weit aus der Elbe heraus.Sogenannte “Hungersteine” ragen aber auch dieses Jahr schon seit Wochen weit aus dem Wasser heraus. Bei Pirna-Oberposta (Foto rechts von Thomas) war bereits am 9. Juli 2015 eine Eingravierung aus dem Jahr 1863 deutlich sichtbar. Inzwischen liegt er fast völlig frei und seit vorgestern trägt er nun eine neue Marke, das Jahr 2015! Ich glaube, den müssen wir uns bald mal anschauen gehen…