Das Storchendorf Cigoc

Das Europäische Storchendorf CigocMehr Weißstörche als Einwohner soll das 1994 als “Europäisches Storchendorf” ausgewiesene Čigoć in Kroatien beherbergen. Das klang vielversprechend und da wir abends schon bei den Plitvicer Seen fotografieren wollten, sind wir heute relativ früh, gegen halb 8, von Wien aufgebrochen. Nach rund 5 Stunden Fahrt tauchten wir plötzlich in eine neue Welt ein, in ein idyllisches Kleinod fernab jeglicher Großstadthektik. Fast wie auf einer Zeitreise in ein längst vergessenes Europa. Bereits in Prelošćica reihten sich linkerhand der schmalen Landstraße windschiefe urige Holzhäuser und von den Dächern ertönte ein fröhliches Geklapper.

Während hier vereinzelt noch modernere Häuser standen, so gab es nach weiteren 15 km in Čigoć [tschigotch] ausschließlich alte Holzhäuser zu sehen. 70 an der Zahl sollen es sein und sie stehen alle unter Denkmalschutz. Auf ersten Blick erscheinen einige schon kaum mehr bewohnbar, aber sie waren es trotzdem noch. An den winzigen Fensterchen hingen aufwändig handgestickte Gardinen und einige Balkons waren liebevoll mit roten Blumen geschmückt. In den schattigen Gärten ruhten sich die meist schon recht betagten Bewohner des Ortes aus und auf so gut wie auf jedem Dach herrschte reges Leben. Nicht selten waren es gleich mehrere Storchennester, aus denen der Nachwuchs neugierig auf uns herunterblickte. Und auf den bewirtschafteten Feldern rund um die Ortschaft stacksten ihre Eltern auf Nahrungssuche vorsichtig den Traktoren hinterher.

Schon auf der Hinfahrt...

...nisten Weißstörche in Preloscica...

...auf den Dächern...

...der urigen alten Holzhäuser.

Rund 45 aktive Storchennester hat Čigoć. In feuchten Jahren sitzen hier im Schnitt vier Jungtiere in einem Nest und in der Vergangenheit freute man sich bereits über die erfolgreiche Aufzucht von 6 Storchenbabys. Unglaublich die Menge an Fröschen, Heuschrecken und Schlangen, die da herangeschleppt werden muss: bis zu 4 kg und das täglich!

Zumindest im direkten Vergleich zu Mitteleuropa scheinen hier die Menschen noch völlig im Einklang mit der Natur zu leben und trotz aller Schönheit und des angrenzenden 500 km² Naturparks Lonjsko Polje, blieb Cigoc bislang vom Tourismus weitestgehend verschont. Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage und der doch relativ großen Entfernung zu den beliebten Badeorten an der kroatischen Küste wird sich an diesem Zustand (hoffentlich) nicht so rasch etwas ändern. Für Geschichtsinteressierte gibt es im Ort ethnologische Museen über die Bevölkerung der Posavina-Gegend. Und wer sich für Störche und andere Vogelarten begeistern kann, für den lohnt sich der kurze Abstecher südlich von Zagreb auch auf jeden Fall!

In Cigoc herrscht reges Leben

Störche tänzeln durch die Luft...

...und neugierige Jungstörche blicken...

...von den Häusern herunter.

Sie warten ungeduldig auf die Rückkehr ihrer Eltern, ...

...die auf den umliegenden Feldern die Traktoren verfolgen...

...und dann ihre kleinen Nimmersatten für den 8- bis 12-wöchigen Flug in den Süden Afrikas ordentlich stärken.

Über die vom Navi empfohlene Route ging es dann entlang der Grenze zu Bosnien-Herzegowina weiter zu den Plitvicer Seen. Landschaftlich war die Strecke wenig interessant, dafür die Fahrt umso aufregender. Das Navi hatte uns auf eine dirt road geschickt und es korrigierte ständig seine vorausgesagte Ankunftszeit. Kein Wunder hatte es die nicht mehr aufhörende 15 km/h Staubpiste mit 90 km/h berechnet… Und obwohl das Navi uns in Slowenien schon in eine Einbahnstraße lotsen wollte und versäumt hat uns wichtige Abzweige rechtzeitig anzusagen, darf ich dieses “blöde Ding” noch immer nicht “blödes Wutzel” nennen… :-/ :)

Lage/Anreise nach Cigoc: knapp 1,5 Std. (99 km) südöstlich von Zagreb. Von der kroatischen Hauptstadt geht es auf der E70/A3 in Richtung Osten bis zur Ausfahrt “Sisak/Popovača”. Von dort geht es weiter über die immer schmäler werdenden Straßen 36, 3210 und 3209 (Karte).