Oatman und seine süßen Burros (wilde Esel)

Die Burros von Oatman - hier gleich einer meiner Lieblinge mit wuscheligen Ohren und krummen X-Haxln ;-)Es gibt einen Ort in Arizona, der schon sehr lange auf meiner Wunschliste stand. Ein weißer Fleck auf unserer Landkarte, der gar nicht so weit abseits der üblichen Stecken lag und dessen Besuch dennoch von uns – aus welchen Gründen auch immer – ständig auf später verschoben wurde. Letzten Winter sollte es nun so weit sein. Nach ein paar wunderschönen Tagen im Death Valley, führte uns der Weg über die Mojave Preserve nach Needles am Colorado River und weiter nach Oatman, einem wildromantischen Goldgräberstädtchen inmitten der Black Mountains, in dem die Zeit stehen geblieben sein soll. Das klang alles recht vielversprechend und wir wurden nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil, aus dem “Kurzbesuch” wurde ein ganz schön langer Aufenthalt. Von den vielen süßen Wildeseln konnte man sich auch wirklich nur schweren Herzens trennen!

Nach einer Nacht in Needles, ging es heute früh morgens über Fort Mojave auf den Straßen 153 und 10, dem Oatman Topock Hwy, weiter in Richtung Oatman. Aber nur sehr langsam, denn gleich zu Beginn des Scenic Drives mussten bei dem herrlichen Wetter und diesen Teddy Bear Chollas zu Füßen der zackigen Bergkulisse unbedingt die Fotoapparate ausgepackt werden. Die ersten Wildesel gesellten sich dort zu uns – das Straßenschild hatte sie ja bereits angekündigt… – aber sie waren noch recht scheu.

Auf der Weiterfahrt staunten wir nicht schlecht und immer wieder haben wir kurz angehalten. Kreosotbüsche im weihnachtlich festlichen Look säumten die Straße! Unglaublich was die Leute hier alles an bunten Zeug auf die Äste gehängt haben! Und dann noch das Highlight schlechthin, auf einer kleinen Anhöhe stand tatsächlich ein saftig grüner Tannenbaum. Statt dem Engerl oder Stern baumelte an seiner Spitze ein Sombrero und anstelle der Kügelchen mussten alte Bier- und Whiskeydosen herhalten. Und das Beste war, der Baum hatte sogar seine eigene Alarmanlage, zumindest ein Schild machte darauf aufmerksam. Merry Christmas! (~~)

Aberdutzende dieser wild geschmückten Pflänzchen sollten uns noch auf der Fahrt bis nach Oatman begleiten. Und gleich am Anfang der Ortschaft hatte mich ein Route-66-Postkasten angelacht. Von der Dame, die sich dort gerade um ihren Garten kümmerte, erfuhr ich wie streng dieser Winter in Oatman gewesen ist und dass ihre Kakteen und Euphorbien das gar nicht vertragen haben. Aufgrund des vielen Schnees, der kurz vor dem Jahreswechsel gefallen war, saßen auch gleich etliche Einwohner weiter oben am Berghang einige Tage in ihren Häusern fest. Zuletzt hätte es sowas in den 1970er Jahren gegeben.

Dauerhungrig warten sie schon direkt am Burro Food Verkaufsstand

Oder liegen irgendwo nebenan, müde und vollgefressen... ;-)

Neugierig schauen sie auch immer und überall in die Linse, die Burros von Oatman

Oder in das Tablet... ;-) ... Sie lassen sich überhaupt erstaunlich gerne fotografieren. Hier stehen sie sogar in der Schlange und warten schön brav bis sie an der Reihe sind!

Und schon bald begrüßten sie uns auch mitten auf der Straße, die berühmten Burros von Oatman mit ihren wuscheligen Ohren und treuherzigen Blicken. Rund 5.000 Wildesel sollen im Umfeld leben, allesamt Nachfahren der Lastenesel der einst hier ansässigen Goldgräber. So wirklich wild sind die Tiere in der Ortschaft auch heute nicht, viel zu sehr werden sie tagein tagaus von den Touristen verwöhnt. Sogar streicheln lassen sie sich, auch wenn man da eher vorsichtig sein sollte, denn wenn sie wollen, können sie auch ihre Zähne fletschen und “ein bisschen” beißen. Und schrecklich neugierig sind sie auch! Wer das Autofenster nicht geschlossen hat bei der Durchfahrt, dem ist eine Innenrauminspektion ziemlich sicher. ;)

Zum Füttern gab es allerorts “Pellets” aus Alfalfa zu kaufen. Die dürften wunderbar schmecken, denn das fressen die Tiere leidenschaftlich gern. Wer sich mit so einem raschelnden Alfalfa-Sackerl auf die Straße traute, der konnte sich vor lauter Gesellschaft bald nicht mehr retten, manchmal kam es zu einem richtigen Gerangel. Ein Burro verfressener als der andere! Und gebt ihnen lieber nichts anderes, auch keine Karotten. Wir meinten es gut und haben ihnen nicht nur die Pellets verfüttert sondern auch noch ein paar Mörchen aus unserem Vorrat. Der viele darin enthaltene Zucker soll aber schädlich sein für die Wildesel und wir haben dann davon abgesehen.

Soooooo lieb! Ich konnte und wollte mich von den Eseln gar nicht mehr trennen. :x
Sie waren auch überall und blockierten immer wieder den Verkehr. Für noch mehr “Stau” sorgte dann ein Shoot-Out. Die Leute versammelten sich beim Oatman Hotel, einem Originaladobebau aus dem Jahr 1902, und kurz danach wurde schon planmäßig die Bank überfallen. Der Sheriff eilte herbei, sie wechselten ein paar Worte und Schüsse, der Bösewicht fiel zu Boden und erwachte kurze Zeit darauf wieder, um mit seinem Cowboy-Hut Spenden einzusammeln.

Im Prinzip das übliche Programm (nur in doch deutlich abgespeckter Form als z.B. in Goldfield am Apache Trail), aber dafür sammelten hier Gangster und Sheriff für einen guten Zweck und zwar für ein Krankenhaus, das sich der ganz armen Bevölkerung angenommen hatte. Denn um deren medizinischen Versorgung steht es in den USA nach wie vor sehr schlecht. Bei solch einem Anliegen lässt man sich selbst vom “Gangster” freiwillig um ein paar Dollar erleichtern, das muss man einfach unterstützen!

Vielleicht an dieser Stelle noch ein Hinweis an alle, die so wie wir aus Kalifornien anreisen: Die Schießerei in Oatman findet Punkt 12 Arizona(!) Time statt (und um 14:30 Uhr wird meist noch eine zweite Show geboten). Wir hatten uns vor Ort nämlich schon gewundert, wieso denn das Ganze heute plötzlich schon um 11 Uhr losging. Dabei waren nur unsere Uhren noch nicht ganz up-to-date;)

Und im Anschluss an das Shoot-Out sollte man nicht vergessen noch kurz in das (ehemalige) Oatman Hotel hineinzuschauen. Das Zimmer, in dem Clark Gable 1939 mit Carole Lombard seine Hochzeitsnacht verbracht hat, kann dort besichtigt werden. Aber noch viel sehenswerter ist die Dollar Bill Bar und ihre mit $1-Scheinen zugepflasterten Wände, wo sich Besucher auch heute noch gerne verewigen.

Was gibt es sonst noch über Oatman zu berichten? Ein uriges Wild-West-Dörfchen wie man es aus Film und Fernsehen kennt. Natürlich versteckt sich hinter jeder noch so modrig aussehenden Holzfassade ein Souvenirshop, aber die Atmosphäre in der Ortschaft passt dennoch. Und uns beiden hat es dort ausgesprochen gut gefallen. Hauptsächlich natürlich wegen der Burros, aber der Ort wird uns sicher mal wiedersehen. Ebenso die Black Mountains, sie haben uns doch ein wenig an die traumhaften Superstitions Mountains bei Phoenix erinnert oder an die mindestens so genialen Kofa Mountains nördlich von Yuma. Teddy Bear Chollas unterhalb eines zackigen Bergpanoramas, das ist ganz unsere Welt! :)

Und nachdem der Gangster eine Bank ausgeraubt hatte, plünderte er auch noch die Brieftaschen der Zuschauer... ;-)

Auf den Old Trails rund um Oatman taucht man schnell ein in längst vergangene Zeiten...

Passend dazu auch die windschiefen Häuserfassaden in Oatman

Die ersten wertvollen Nuggets wurden hier in den Black Mountains schon Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt, der ganz besondere Fund sollte aber erst 1915 erfolgen. Die Goldminen im Besitz der United Eastern Mining Company zählten damals zu den ergiebigsten im gesamten Westen. Oatman boomte und es setzte der allerletzte richtig große Goldrausch in der Geschichte der USA ein. Als 1924 die Erzadern langsam versiegten und die Minen schließen mussten, ereilte Oatman aber dennoch nicht dasselbe Schicksal anderer Goldgräberstädtchen wie Bodie, South Pass City, Calico oder Rhyolite. Denn durch den Ort führte die berühmte Route 66 und somit ein großer Teil des Verkehrs, der in Richtung Pazifikküste rollte.

Mit den Bau der Interstate #40 war die einstige Boomtown allerdings schnell dem Verfall geweiht und in den 1960er Jahren wurde es tatsächlich sehr ruhig in den Black Mountains. Erst als das nicht weit entfernte Laughlin zu einer Glücksmetropole avancierte und dort das urige Goldgräberstädtchen fleißig beworben wurde, ging es langsam wieder bergauf. Beschaulich blieb es trotzdem. Heute leben an die 130 Leute in Oatman und das fast ausschließlich vom Tourismus. Ein Hauch von Nostalgie weht durch die vielleicht gerade mal 200 m lange Main Street (und mehr gibt es dort eigentlich nicht zu sehen). Orte wie dieser lassen “Ghost Town Fans” Herzen etwas höher schlagen. Und man muss schon auch ein wenig schmunzeln, wenn man zwischen Shoot-Out-Darstellern und ganz normalen mit Cowboyhüten herumlaufenden Besuchern kaum zu unterschieden vermag. Der alte “Wilden Westen” darf hier etwas weiterleben und es ist zu hoffen, dass dies auch noch lange so bleibt.

Lage/Anfahrt: Oatman liegt nahe der kalifornischen Grenze im US-Bundesstaat Arizona. Wer von Osten anreist, nimmt einige Meilen südlich von Kingman den Exit 44 von der I-40 und folgt dann der Straße #10 für ca. 23 mi nach Westen bis Oatman. Ab Las Vegas kann man auch die ähnlich lange Strecke über die #95 und Laughlin einschlagen mit Anschluss an die von uns oben beschriebene Route.
Offizieller Link: Unter dem Stichpunkt “Events” werden auf der Webseite des Ortes www.oatmangoldroad.org Veranstaltungen wie das große Bettenrennen “Bed Race” angekündigt. Auch Biker-Treffs finden dort regelmäßig statt.