San Francisco Bay – Die Hausboote von Sausalito

Einige der Hausboote in Sausalito liegen nicht nur am Pier vor Anker, sondern sehen tatsächlich noch aus wie Boote.Durchgefahren sind wir hier schon oft, auch die Hauptstraße entlang geschlendert und selbst übernachtet haben wir in Sausalito bereits. Seltsamerweise führte unser Weg aber bislang nie auf die Piers hinaus, zu jener Armada von Hausbooten für die diese kleine Fischer- und Künstlerenklave an der San Francisco Bay eigentlich berühmt ist. Was für ein Fehler, den wir allerdings jetzt gleich am zweiten Urlaubstag behoben haben! :)

Nach einem leider wenig spektakulären, wolken- und nebellosen Sonnenaufgang mit Blick auf die Golden Gate Bridge von der Conzelman Road, fiel uns heute auf der Rückfahrt in unser Quartier am Hwy. 101 ein schön vom Morgenlicht angestrahltes Hausboot auf. Schnell war der Spontanentschluss gefasst, beim nächsten Exit wieder raus und zurück nach Sausalito. Dort fuhren wir am Hafen entlang und sahen zunächst nur Yachten über Yachten, am Nordende der Stadt fanden wir dann an der Gate 5 Road aber den ersten vielversprechenden Pier.

Zuhause auf dem Houseboat, ein alternativer Lebensstil an der San Francisco Bay am nördlichen Ende von Sausalito

In allen Formen und Farben liegen die Hausboote am Liberty Pier vor Anker.

Bei einigen der Hausboote von Sausalito waren Hausherr und Architekt ausgesprochen kreativ.

Was wir nach dem Durchschreiten des Eingangportals des South Fourty Pier sahen, faszinierte uns augenblicklich. Welch liebevoll gepflegte Wohnanlagen! Dass hier die Häuser allesamt auf Pontons schwammen, merkte man oftmals kaum! Richtig luxuriös sahen viele von ihnen aus, eher alternativ die anderen – die Mischung aus beiden war nahezu perfekt! Erstaunlich nett auch die Bewohner, anstatt der mit anderorts gelegentlich üblichen “no trespassing” Schilder überraschten sie uns mit einem freundlichen Gruß. Wenn man sich brav an die Regeln hält und nur den Hauptsteg entlang schreitet, ist man hier sogar als neugieriger Besucher willkommen. Und Kriminalität spielt offensichtlich am anderen Ufer der San Francisco Bay eine untergeordnete Rolle: nicht schlecht haben wir gestaunt angesichts der offen stehenden Eingangstüren, selbst bei Hausbooten mit durchaus luxuriöser Innenausstattung!

Blick hinüber zum South Fourty Pier in Sausalito im Morgenlicht

Flower Power bei den Floating Homes von Sausalito

Und so das eine oder andere Plätzchen an dem man sich gern selber niederlassen würde; hier mit Blick auf das Isaaquah Dock

Die Geschichte der “Floating Homes” von Sausalito führt in die 1880er Jahre zurück, der große Boom kam aber erst während des Zweiten Weltkriegs, als hier rund 70.000 Arbeiter mit dem Bau der Liberty Ships im Marinship Shipyard beschäftigt waren. Aus den alten Schiffsteilen und anderem “Gerümpel” errichteten viele von ihnen ihr Eigenheim. Als die Werft geschlossen wurde, entwickelten sich die Hausboote von Sausalito immer mehr zu einer eigenständigen Permanentsiedlung – nicht zuletzt aufgrund des verheerenden Erdbebens von 1906, bei dem viele ihr Heim in der Stadt verloren. Hinzu kam, dass man hier auf dem Wasser keine Kosten für Grund und Boden zu entrichten hatte. Zahlreiche Aussteiger und Hippies ließen sich an den Stegen in den 1960er Jahren nieder und das unwechselbare Flower Power Flair, das von ihnen ausging, liegt auch heute noch in der Luft. An zehn Piers sind mittlerweile weit über 300 Hausboote fest verankert, die teils nicht unterschiedlicher sein könnten! Die Interessantesten versammeln sich rund um das Main Dock, Liberty Dock und Issaquah Dock:

Sausalito Houseboat Docks Map - Die Hausboote von Sausalito

Viele “Floating Homes” tragen einen lustigen Namen, aber nicht jedes Haus erscheint auf ersten Blick sehenswert. So wird man dem “Montgomery House” am Liberty Pier vermutlich kaum Beachtung schenken, dabei diente dieses Gebäude einst in Tiburon als Bahnhofsstation. Gleich einige wurden im Zweiten Weltkrieg als Landungsvehikel eingesetzt und nun zu “Flower Powerboats” umfunktioniert wie zum Beispiel die schrille “Namaste” am Liberty Dock oder der eher unscheinbare “Texas Star” am South Fourty Pier. Sie verfügen über denselben schwimm-/fahrbaren Untersatz wie die Ride the Ducks Tourboote.

Herrlich was in Sausalito neben den Hausbooten noch so alles herumschwimmt... :-)

Auch recht originell wie so manches Raumship heißt... ;-)

...oder wie treffend manches Schild erscheint: FLOODED! ;-)

Oftmals sind es auch nur die Deko und das zusätzliche “Kramuri”, das hier herumsteht (wo sieht man schon sonst mit rosa Fell überzogene Fahrräder!?), oder ein Hummingbird Feeder, die zum längeren Verweilen einladen. ;)
Wer viel Zeit mitbringt, kann sich dort auch noch das A Dock und Yellow Ferry Dock an der Gate 6 Road näher anschauen oder eines der “Floating Homes” als Ferienwohnung mieten (u.a. über www.fewo-direkt.de oder www.airbnb.de).
Bei den zwei Kappas Piers steht leider ein Schild, das besagt, dass dort nur Bewohnern und deren Gäste der Zutritt gestattet ist. Aber das kleine, besonders süße “Schiffchen” gleich nebenan, direkt an der Gate 6 1/2 Road sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!

Bereits versunkene Boote wurden beim Gate 5 Cooperative Pier in den 1960er Jahren neu zusammengeschraubt und -geflickt. Alles wurde hier recyclet und wieder zum Leben erweckt. Diesen Pier sollte man sich unbedingt zum Schluss seiner Besichtigungstour aufheben! Es spaltet die Gemüter und einige werden sich möglicherweise nicht mal hinaus auf’s Wasser wagen… Auf uns wirkte er faszinierend und verstörend zugleich. Wie ein “step back in time”, ein “step” in eine andere Welt fernab von Luxus auf den maroden, wackligen Bretterstegen, wo zuviel Staunen und jede kleine Unachtsamkeit in einem nassen Vergnügen endet… Nicht umsonst heißt es hier: “Look or walk, don’t try to do both at the same time“. ;)

Eine völlig neue Welt erwartet einem am Gate 5 Cooperative Pier...

Enter at your own risk... Look or walk, dont try to do both at the same time! ;-)

Elektrische Anschlüsse wie man sie wohl nur selten zu sehen bekommt...

Fast ebenso faszinierend die Kanalisation entlang der maroden, wackligen Bretterstege des Gate 5 Piers.

Abenteuerlich “zusammengeschusterte”, morsche Bretter verzweigen sich und führen immer weiter hinaus in die San Francisco Bay vorbei an buntbemalten, schwimmenden Holzbuden und anderen faszinierenden Eigenkreationen. Darunter auch einige bereits so verfallen, dass man nicht genau weiß, ob sie denn überhaupt noch bewohnbar sind oder nicht. Die Warnungen “Enter at your own risk” sind hier ausnahmsweise nicht nur leere Worte. Die Tafeln befinden sich gleich am Beginn des Piers und sind umgeben von einer unglaublichen Ansammlung an Stromkabeln, die hier im gesamten Areal nur knapp oberhalb der Wasseroberfläche baumeln oder bereits im Meer versunken sind. Spinnweben dienen als Isolation der teils frei herausragenden Kupferdrähte. Elektrische Anschlüsse faszinieren mich seit jeher in den USA, aber noch nie so sehr wie hier!
Auch die Kanalisationsrohre, die zum Teil auf und über den Ministegen verlaufen, sorgen für Fotomotive. Welch Kontrast zu den Nobelpiers gleich nebenan! Größer und zugleich näher könnte die Kluft zwischen Arm und Reich kaum sein – keine 100 Meter trennen die sündteuren Luxusarchen des Main Piers von den farbenfrohen, halbversunkenen Wracks am Gate 5!

Colorful way of life - die bunten Hausboote am Gate 5 Cooperative Pier in Sausalito

Sogar alte WoMos wurden hier in Hausboote umgewandelt.

Egal wohin man schaut, am Gate 5 Pier findet man immer wieder neue Fotomotive.

Wir hatten uns im Vorfeld nicht über die Hausboote von Sausalito informiert, umso mehr waren wir begeistert und überrascht von diesem Potpourri und einem im wahrsten Sinne des Wortes “colorful way of life”. Aber dieses kleine Einod am Gate 5 stimmt – vor allem angesichts der neuesten Entwicklungen in den USA – leider auch sehr nachdenklich!

Parken: Ein heikles Thema, zumal die Parkplätze direkt an den schönsten Piers ausschließlich für deren Bewohner bestimmt sind. Dort läuft man Gefahr abgeschleppt zu werden. Für einen Kurzbesuch kann man das Auto am Waldo Point Harbor abstellen oder an der Gate 6 1/2 Road, so richtig “legal” ist das aber an den meisten Stellen dort nicht. Bei extremem Hochwasser im Frühling oder Herbst schwimmen in Sausalito übrigens nicht nur die Häuser, sondern auch die Autos. “High Tides Alerts” werden meist gleich am Zugang zu den Piers ausgehängt und sollten ernst genommen werden. Laut Anrainer wird das Problem leider immer gravierender. Wir haben selber miterlebt, wie sie in der Früh ihre auf vermeintlich “sicheren Parkplätzen” abgestellten Autos vor der Flut retten mussten.

Anfahrt: Am besten mit dem Auto (auf dem Hwy 101 über die Golden Gate Bridge), denn die Anlegestelle der Fähre vom Pier 41 in San Francisco liegt knapp 3 km vom ersten großen Hausboot-Pier entfernt (oneway!). Wer angesichts der Parkplatz-Problematik doch lieber mit der Fähre anreist, der kann sich für die Strecke auch ein Taxi oder Fahrrad mieten. TIPP: Nicht weit von der Anlegestelle der Fähre befindet sich einsam inmitten des Yachthafens ein weiteres kurioses Floating Home, das Taj Mahal (am Pier direkt beim Downtown-Parkplatz an der Johnson Street).

Sausalito Historic Houseboat Tour: Samstag und sonntags werden jeweils um 12:30 Uhr dreistündige geführte Rundgänge angeboten (Preis: $50; Infos)
Zusätzlich bietet die Floating Homes Association of Sausalito Besuchern jedes Jahr im September die einmalige Gelegenheit sich einige der Hausboote auch von innen anzusehen (sehr beliebt und schnell ausgebucht; Reservierung empfohlen; Infos).