Oregon Coast – Thor’s Well am Cape Perpetua

Thors Well im Frühling 2011, als sich die Sonne an der Oregon Coast immer nur für ein paar wenige Minuten am Himmel zeigteUnentwegt und mit unglaublicher Wucht peitschen die Wellen gegen die Felsen – in der Cape Perpetua Scenic Area kommt die Natur nicht zur Ruhe. Mit einer Höhe von 240 m über dem Meeresspiegel ist dieses Kap südlich von Yachats der höchste Aussichtspunkt entlang der Central Oregon Coast. Über den vielgepriesenen “Best View on Oregon’s Coast” lässt sich streiten, da gibt es unserer Meinung nach schönere, aber das Schauspiel, das einem direkt unterhalb vom Parkplatz am Captain Cook Trailhead erwartet, ist zumeist genial. Bei Niedrigwasser krachen die Wellen an die großen Felsstufen, bei Flut schießt das Wasser darüber hinweg, sprudelt aus sämtlichen Löchern und erweckt selbst “Geysire” zum Leben.

Das Spouting Horn am Cape Perpetua ist nur bei höherem Wasserstand in Betrieb.Auch wenn hier keine unterirdischen, thermalen Phänomene im Spiel sind, so erinnert das Spouting Horn doch stark an die berühmten Geysire im Yellowstone N.P.. Noch beeindruckender ist Thor’s Well am Plateau unmittelbar nördlich davon. Bereits auf unseren letzten beiden Touren durch den Pazifischen Nordwesten waren wir dort und auch heute standen wir wieder staunend vor diesem überdimensionalen, schwarzen “Abflussloch”, aus dem in regelmäßigen Abständen eine große Wasserfontäne schoss. Thor’s Well hatte nichts von seiner Faszination eingebüßt, ganz im Gegenteil!
Der Namen wurde – wie so oft – von einem Besucher “erfunden”. Erstaunlich an der ganzen Geschichte ist aber, dass dieses Fotomotiv keine 200 m vom berühmten Hwy 1 entfernt liegt und dennoch bis in unser Jahrtausend nahezu unentdeckt blieb! Das erste Bild, das unsere Aufmerksamkeit erregte, fanden wir vor ein paar Jahren auf der Webseite von Steven Oachs, aber er war nicht der erste, der dieses wunderbare Abflussloch verewigte. Der in Coos Bay ansässige Steven Michael, den wir heute zufällig in Cape Perpetua getroffen haben und mit dem wir anschließend dann noch im Yachats nett abendessen waren, hatte sich die Mühe gemacht und etwas recherchiert (überprüft haben Steffen und ich diese Angaben nicht!). Angeblich war es Scott Gibson, der 2007 dieses Loch erstmals mit der Kamera “entdeckte” und dann auch gleich auf den Namen “Thor’s Well” taufte. Seither wird dieses Fotomotiv immer beliebter und zahllose Besucher aus aller Welt erkundigten sich bereits im Visitor Center danach.

Thors Well im Frühling 2010, als sich die Sonne gar nicht am Himmel zeigte... Etwas rätselhaft bleibt auch der Ursprung vom scheinbar treffend gewählten Namen des Kaps. “Cape Perpetua” führt zurück auf den berühmten Seefahrer James Cook und hat möglicherweise nichts mit der ruhelosen See zu tun. Angeblich erblickte er diesen Ort erstmals am 7. März 1778, dem Gedenktag an die heilige Märtyrerin Perpetua. Es gibt aber auch Gerüchte, die besagen, dass heftige Winde ihn in dieser Gegend über eine längere Zeit festhielten, so dass er fortwährend dasselbe Festland in Sichtweite hatte. Und der alte Seefahrer ist hier auch heute noch allgegenwärtig, sei es beim “Captain Cook Trail”, der “Captain Cook Ridge” oder im “Cook’s Chasm”.

Wenn das Wasser durch das Thors Well empor schießt, erinnert es sehr an einen Geysirausbruch im Yellwostone NP.Bezeichnungen wie “Restless Waters Trail” und “Devils Churn” untermalen die Wucht des Pazifik, die man nicht unterschätzen sollte! Auch der Besuch von Thor’s Well ist keineswegs ungefährlich. Bei Niedrigwasser liegt die Anhöhe zwar frei, aber ab einer Tide größer als +2ft gelangen auch schon die ersten Wellen auf das Plateau. Und ab dem Zeitpunkt, wenn Thor’s Well zum “Ausbrechen” anfängt, ist höchste Vorsicht geboten und eigentlich sollte jeder Besucher dann bald das Weite suchen…
Eine kleine Anhöhe vor dem Loch bietet noch einigermaßen Schutz vor den Wellen, aber auch nicht lange. Eine amerikanische Familie hielt sich heute ebenfalls hier auf und ein vielleicht 6-jähriges Mädchen stand ganz alleine direkt neben mir. Als wieder mal eine größere Welle anrollte und unseren Felsen umspülte, hielt ich sie instinktiv fest, aber die Kleine schlotterte trotzdem am ganzen Körper und tat mir richtig Leid. Gesagt habe ich nichts, aber dass so kleine Kinder, die noch viel leichter “weggespült” werden, an dieser Stelle allein herumhüpfen dürfen, das war schon mehr als nur grenzwertig… :(

Suchfoto mit Steffen - Der Zeitpunkt an dem man lieber das Weite suchen sollte… ;-)Aber um größere Menschen wäre es bei jeder “sneaker wave” ebenso schlecht bestellt, siehe Suchfoto mit Steffen rechts. Bewegte Bilder vermittelt vermutlich noch einen besseren Eindruck davon, wie nahe man da am “Abgrund” steht (siehe eingebettetes YouTube-Video unten).
Steffen und ich haben leider mit Thor’s Well noch nicht abgeschlossen. Hier gleichzeitig die richtigen Wasser- und Wetterbedingungen zu erwischen und dann noch schnell genug zu sein, das ist eher Glückssache. Denn ob die Fontäne aus dem Loch schießt und so herrlich wieder abrinnt, hängt nicht nur von der Fluthöhe ab, sondern leider auch vom Wellengang und von der Richtung, aus der die Wellen eintreffen. So standen wir hier bereits bei von anderen als “lebensgefährlich” eingestuften Bedingungen und sahen NIX, weil sich der Pazifik ausnahmsweise von seiner ruhigsten Seite zeigte und sich viel zu behutsam der Felsstufe näherte. An einem anderen Tag kamen die Wellen alle so dermaßen schräg auf uns zu, dass sie schon fast das halbe Plateau eingenommen hatten und es schoss trotzdem noch immer so gut wie nichts aus dem Loch – zum Haarerupfen…!

Wenn man jetzt auch noch bedenkt, dass es hier eigentlich am schönsten ist, wenn sich die Sonne langsam dem Horizont zuneigt, dann kann man sich ausrechnen, dass es nicht gerade leicht ist, dies während einer (meist viel zu kurzen) Fototour gut zu timen. Bei unserem ersten Besuch im Mai 2010 passte die Flut perfekt, aber die Sonne zeigte sich leider nicht. Ein Jahr später riss die Wolkendecke plötzlich und viel zu früh auf, so dass wir den Weg zum begehrten Loch halb hinunterstolperten, hektisch das Stativ positionierten und nur wenige Minuten vor Ort hatten. So waren die Einstellungen vielleicht nicht ganz optimal und den einzigen großen “Ausbruch” hatte uns der Verlaufsfilter total vermasselt, aber das langsame Abrinnen im Inneren des Wells war gerade noch im letzten Moment entstanden (siehe erstes Bild), bevor die Sonne wieder verschwand und sich an dem Tag nicht mehr zeigte…
Unnötig zu erwähnen, wie schnell es dann angesichts des wilden Ozeans und der bedrohlich wirkenden Wolken wieder zurück zum Auto ging… :)

Heute hat die Flut bei Thor’s Well auch wieder einigermaßen gepasst, aber leider nicht zum Sonnenuntergang, sondern bereits am Nachmittag. Zur Abwechslung auch mal recht nett das “wilde Treiben” bei Tageslicht zu verfolgen und zu fotografieren! Abends hatte sich das Meer dann schon wieder so weit zurückgezogen, dass wir anstatt zu fotografieren mit Steve nach Yachats gefahren sind. Das Thema “Fotografieren” kam dann während des Abendessens trotzdem nicht zu kurz… ;)

Lage: an der Central Oregon Coast, 3 mi südlich von Yachats
Parkplatz an der westlichen Seite vom Highway 101 südlich des Cape Perpetua Visitor Center, unmittelbar nördlich der Cook’s Chasm Bridge; den Aussichtspunkt auf der Kaphöhe erreicht man über die Forest Road #55 (Karte), an Tagen mit guter Fernsicht überblickt man von dort gut 240 km Küstenlinie.