Shi Shi Beach – Unvergessliche Momente

Shi Shi Beach kurz vor SonnenuntergangEigentlich wollten wir diesmal gleich zwei Nächte an diesem wunderschönen Strand im Olympic N.P. verbringen. Aber es kam alles anders… Anstatt Unmengen an Fotos waren an der Shi Shi Beach wieder unbeschreibliche Naturerlebnisse angesagt: Nicht nur die vielen Weißkopfseeadler, die früh morgens sogar direkt vor unserem Zelt saßen, waren unglaublich. Pünktlich zum Sonnenuntergang strandete noch ein Delfin direkt vor unseren Füßen!

Die Kurzversion der Geschichte habe ich bereits in Englisch auf Facebook veröffentlicht, unser (sehr…) ausführliches Tagebuch gibt es nun hier:
Alles begann ganz normal wie schon beim letzten Besuch, eine Schlechtwetterfront war angesagt! Während der gesamten Woche auf der Olympischen Halbinsel sollte es regnen… Steffen war schon kurz etwas zögerlich geworden, aber ich hatte unsere Flüge extra so gebucht, dass wir dort die extremsten Minustides des Jahres 2012 erleben konnten, und ließ dementsprechend auch nicht locker! :lala:
Und zum Glück, denn die Realität vor Ort sah dann ganz und gar nicht verregnet aus. Vielleicht ein paar Stunden, während wir im Quinault Rain Forest unterwegs waren und zweimal nachts, aber das war es dann auch schon. Zum Fotografieren fanden wir es oftmals sogar schon zu sonnig bzw. fast zu wolkenlos! Eines stimmte aber leider bei der Prognose doch: es war bitterkalt! Wir genossen während unserer ganzen Nordwesttour nur einen einzigen Tag mit Temperaturen jenseits der 20°C und die letzte Woche hatte es noch einmal in sich… nachts nur knapp über Null und tagsüber auch kaum über 10°C.

Fotos werden dem Matsch am Trail durch die Makah Indian Reservation kaum gerecht. Wer hier nicht aufpasst, bekommt schnell ein kostenfreies Schlammbad... ;-)Gestern in der Früh war im Olympic Suites Inn noch ein letztes Mal Ausschlafen angesagt, dann gab es einen großen (und erstaunlich guten!) Cappuccino von Tilly’s im Thriftway und vom Subway holten wir unser Proviant. Die drei “chicken breast footlong” im Bärenkanister sollten uns noch zum Frühstück bei Laune halten.
Das Auto stellten wir am späten Vormittag wieder beim zweiten Haus an der Zufahrt ab (die Donna Wilkie ist ja noch weiter weg vom Shi Shi Trailhead) und machten uns auf den “Weg”. Sofern man den tatsächlich noch überhaupt als solchen bezeichnen kann… Denn die 3 km durch den Wald in der Makah Indian Reservation waren in einem noch viel katastrophaleren Zustand als beim letzten Mal. Die reinste Schlammschlacht und das nicht nur über wenige hundert Meter sondern eine gute 3/4 Stunde lang! Mit dem schweren Backpack am Rücken ist dieser schuhausziehende “Makahgatsch” eine “wahre Freude”…
Mit normalen Wanderschuhen darf man hier übrigens nicht entlang gehen und das gilt wahrscheinlich sogar für sämtliche Jahreszeiten. Sofern es nicht gerade Hochsommer ist, kann ich nur jedem unsere Wahl ans Herz legen, nicht nur bei dieser Tour sondern eigentlich generell zum Fotografieren an den Stränden im Nordwesten: uralte(!), bequeme Turnschuhe/Trekkingsandalen und Neoprensocken. Unverwüstlich und hält warm (oder zumindest einigermaßen warm…).

Die restlichen 3 km am Strand waren dann deutlich entspannter und auf halber Strecke folgte bereits das erste kleine Highlight: Ein Weißkopfseeadler saß auf einer fetten toten Robbe und verteidigte sein Festmahl recht erfolgreich vor einem Raben. Jedes Mal als der Adler mit Zupfen und Fressen beschäftigt war, versuchte der kleine schwarze Vogel zwar zaghaft wieder mit einer seiner Krallen die Robbe zu berühren, aber ehe er sich versah, wurde er auch schon wieder angefaucht… Ein herrliches Schauspiel! Und aus welcher Nähe die Tiere uns noch duldeten, war ebenso unbeschreiblich! :)

Zaghaft versuchte sich der kleine Rabe immer wieder an die tote Robbe heranzuschleichen...

...bis er vom deutlich größeren Bald Eagle wieder erfolgreich verscheucht wurde.

Hier war die Welt wieder in Ordnung. Die Robbe war wieder im alleinigen Besitz des mächtigen Weißkopfseeadlers.

Und immer wieder flogen Weißkopfseeadler ganz nahe an uns vorbei. :-)))

Als wir dann an unserer liebgewonnenen Campsite vom letzten Mal ankamen, wurden unsere Gesichter plötzlich ganz lang. Alles besetzt! Einen kleinen Platz gab es noch mittendrin, zwar unter einem sehr lichten Baum, aber was soll’s. Bereits am späteren Nachmittag stellte sich heraus, dass die größere Gruppe ohnehin nur übers Wochenende hier geblieben war und so stand unser Zelt schon bald wieder ganz allein am Point of Arches. Steffen freute sich darüber, ich weniger, da ich mich von Leuten umzingelt wohler gefühlt und entsprechend auch besser geschlafen hätte. In der Makah Reservation soll sich erst kürzlich ein Cougar gezeigt haben und einen Schwarzbär hatten wir ja selber schon mal in Strandnähe gesehen.
Etwas Sorge machte mir auch die zweite tote Robbe, die sich bei dem Treibholz unweit unseres Zeltes befand. Man roch sie aber zum Glück dann doch nicht bis in den Wald hinein und das Tier sollte noch für viel Freude sorgen. Aber mehr dazu später, denn das war erst am nächsten Morgen!

An diesem Zeichen erkennt man die Overland Trails an der Olympischen Küste. Man glaubt gar nicht wie nützlich diese Schilder sein können, vor allem wenn man im Dunklen versucht den Weg zu finden!Nach dem Aufbauen des Zeltes hatten wir es auch schon wieder recht eilig. Das Wasser wich langsam zurück, perfekt also für unsere Wanderung weiter nach Süden. Die ersten beiden Landzungen sind zwar auf der Karte mit “Caution 4,5 ft” und “6ft” eingezeichnet, aber aus der Erfahrung wussten wir, dass das bei der zweiten, wo es durch einen Felsbogen geht, auch ruhig deutlich weniger sein darf. Die topographischen Karten von Custom Correct™ Maps können wir übrigens für längere Wanderungen an der Küste sehr empfehlen. Sie bieten als einzige genaue Fußangaben zu den bei Flut unpassierbaren Abschnitten und auch sämtliche Overland Trails sind darin verzeichnet, sogar mit Kilometerangaben!

Wirklich große Highlights gab es in nächsten Buchten weiter südlich keine, das lag aber sicher zum Teil an dem leider fast völlig wolkenlosen Himmel. Dafür waren wir in ständiger Begleitung von Weißkopfseeadlern. Wenn sie nicht gerade über unseren Köpfen kreisten, so hörte man wenigstens ihre Rufe. Und diese kamen in der zweiten Bucht südlich vom Point of Arches sogar aus einem riesengroßen Nest. Ich hatte irgendwann einmal zum Zählen aufgehört, es waren jedenfalls gleich mehrere Familien, die sich in dieser Gegend aufhielten. In Summe sicher ein gutes Dutzend Bald Eagles, wir waren begeistert! :)

Pünktlich zum Sonnenuntergang bemerkte ich plötzlich in der Ferne am Point of Arches etwas im seichten Wasser, das dort irgendwie nicht hingehörte... Neugierig rannte ich gleich nachschauen und traute meinen Augen kaum: ein Delfin war hier gestrandet und lag nun direkt vor meinen Füßen!Am frühen Abend wollten wir rechtzeitig wieder zurück sein, denn da sollten dann recht gute Bedingungen für die berühmten parallel angeordneten Rillen vor dem Point of Arches herrschen. Zumindest theoretisch… Letztens dauerte unsere Siesta im Zelt zu lange und wir hatten den perfekten Zeitpunkt schlicht und einfach verschlafen, diesmal waren die Rillen leider komplett versandet. Gerade mal ein paar Spitzen standen heraus, nicht gerade fotogen das Ganze. So etwas kommt immer wieder vor und dagegen kann man dann leider nichts machen. Außer sich andere Motive zu suchen… Und so habe ich probiert mein Shi Shi Beach Foto vom letzten Mal mit den sich bewegenden Fluten im Vordergrund nachzustellen – diesmal allerdings mit Sonne. Das Ergebnis ist nun der Aufmacher dieses Blogs (siehe oben) und es war eines der letzten Bilder, die ich an dem Abend gemacht habe. Denn in der Ferne am Point of Arches sah ich plötzlich etwas im seichten Wasser, das dort irgendwie nicht hingehörte…

Neugierig rannte ich gleich nachschauen und traute meinen Augen kaum: ein Delfin war hier gestrandet und lag nun direkt vor meinen Füßen. Dieses unglaubliche Meeressäugetier so aus nächster Nähe zu sehen, war wie in einem Traum. Und im ersten Moment musste ich den Delfin einfach ein paar Mal fotografieren. Schon bald wurde mir aber bewusst, dass dieses Tier sich kaum aus eigener Kraft retten wird können. Jedes Mal wenn er sich ins tiefere Wasser gekämpft hatte, kam eine große Welle und schwemmte ihn fast noch weiter ans Ufer zurück. Manchmal dachte ich fast, er schafft es. Und dann lag er doch schon bald wieder vor meinen Füßen, schlug mit seiner Schwanzflosse wild um sich und kämpfte um sein Leben… :(

Manchmal dachte ich fast, er schafft es sich aus eigener Kraft zu retten. Aber kaum hatte der Delfin sich etwas weiter ins tiefere Wasser gekämpft, kam eine große Welle und schwemmte ihn fast noch weiter ans Ufer zurück.

Und dann lag er leider wieder vor meinen Füßen, schlug mit seiner Schwanzflosse wild um sich und kämpfte um sein Leben...  :-((((

Zum Glück kam Steffen schnell auch zu mir. Es gelang ihm den Delfin an seiner Schwanzflosse zu packen und ihn zu schieben. Und nach wenigen Schiebeversuchen hat es das Tier dann wieder tatsächlich geschafft von der seichten  Shi Shi Beach hinaus ins tiefe offene Meer, wo er hingehört! :-)))

Ich war wie paralysiert und wusste anfangs gar nicht, was ich tun soll und wie ich diesem Tier helfen kann. Zum Glück stand Steffen nur etwas weiter hinten am Strand. Er hatte zwar davon noch nichts mitbekommen, eilte dann aber schnell herbei. Als der Delfin merkte, dass Steffen versucht ihn mit seiner Schwanzflosse ins tiefere Wasser zu schieben, hörte er auch augenblicklich auf so wild um sich zu spritzen. Und nach wenigen Schiebeversuchen hat es das Tier dann tatsächlich geschafft von selber durch einen Wasserkanal in die zweite, deutlich tiefere Bucht hinter dem Point of Arches zu schwimmen. Und schon bald war der Delfin dort, wo er auch hingehörte: wieder draußen im offenen Meer!!! :) :) :)

Was das für ein Gefühl war, lässt sich kaum mit Worten beschreiben! Dieses Zusammentreffen mit einem Delfin und seine Rückkehr in die Freiheit gehören sicherlich zu den ergreifendsten Momenten unserer Nordwesttour!
Der Sonnenuntergang an diesem Strand – und sei er noch so schön – war zur nebensächlichsten Sache der Welt geworden! Ebenso die Nässe und die Kälte. Allerdings später im Zelt machten sie sich dann doch bemerkbar…

Wunderschöner Campingplatz an der Shi Shi Beach, aber die Nacht im Zelt war nach der nassen Rettungsaktion bitterkalt...

Der Vollmond verschwand am heutigen Morgen leider schon viel zu früh. So früh, dass ich leider keine Zeit mehr hatte das 400mm-Objektiv herauszuholen und weiter nach Norden am Strand zu laufen, um etwas mehr von der Silhouette der Shi Shi Beach auf das Bild zu bekommen.

Da sich auch im Nordosten eine Wolkenbank befand, war das Licht zu Sonnenaufgang recht eigenartig. Nur die ganz hohen Wolken leuchteten am Himmel in Richtung Südwesten.

Steffen hat leider ziemlich gefroren in dieser Nacht (sonst bin ja eigentlich ich immer diejenige die zuerst “erfriert”…). Wir waren nicht nur ordentlich angespritzt worden, er hatte leider auch noch eine bis oben hin nasse Wanderhose… brrr… :-S
Draußen war zudem nicht nur Vollmond sondern “Supermoon” angesagt, die seltsamsten Schatten bewegten sich um unser Zelt und bei über +9ft donnerten die Wellen gegen das Treibholz. Mit anderen Worten ich brachte auf Shi Shi Beach wieder mal kein Auge zu. Und in den frühen Morgenstunden hatte auch mich die Kälte eingenommen, ich wollte nur noch aus dem Zelt…

Es stand uns dieses Mal nicht nur eine -2,4 ft Minustide bevor, sondern der Vollmond sollte kurz nach Sonnenaufgang direkt hinter der wunderschönen Point of Arches Silhouette untergehen. Eigentlich hatte ich mich auf das Motiv schon sehr gefreut, aber eine recht große Wolkenbank am Horizont machte uns einen Strich durch die Rechnung und ließ die orangefarbene Kugel viel zu zeitig verschwinden. Schon ab halb 5 war sie nicht mehr zu sehen… Und auch die Sonne schien immer wieder nur für ein paar Sekunden, denn im Nordosten war es leider auch sehr bewölkt.

Außer den Bat Sea Stars waren dieses Mal wieder alle anderen Arten vertreten in den Gezeitenbecken am Point of Arches, hier unser Favorit: der Sunflower Sea Star.

Sehr schön sind auch die Leather Sea Stars.

Dieser Short-spined Sea Star war zwar leider nicht sehr farbenprächtig, aber diese Art von Seesternen kann gewaltig groß werden.

Weitaus zuverlässiger war aber zum Glück die Ebbe. Das Wasser wich immer weiter zurück und sollte erst nach 7 Uhr seinen Tiefpunkt erreichen. Und den Unterschied zu den -1,9 ft beim letzten Mal haben wir deutlich gemerkt, wir kamen fast bis zur Spitze der Landzunge hinaus. Vor uns diese genial vielen Felslöcher, über uns eine ganze Bald Eagle Familie und die Steine + Tidepools wieder voller riesengroßer Seesterne. Leider hatte ich aber den Eindruck, dass es etwas weniger waren als beim ersten Mal. Es war aber trotzdem wieder wunderschön dort draußen. Nur wie letztens schon, haben wir wieder mehr geschaut/gestaunt als fotografiert…

Am besten gefallen uns die Seesterne allerdings wenn sie sich fotogen an die Felsen klammern, hier ganz am Ende des Point of Arches.

Blick auf zwei Felslöcher am Point of Arches im Morgenlicht, der kleine Punkt auf dem Baum ganz links war zur Abwechslung wieder mal ein Weißkopfseeadler. :-)

Auch die ganz normalen Ochre Sea Stars sind manchmal richtig schön gemustert. Im Hintergrund der Arch am südlichen Ende der Shi Shi Beach.

Eine schöne Überraschung wartete auf Steffen, als er gegen 9 Uhr zurück zum Zelt ging. Unsere Campsite war wieder besetzt, diesmal aber von Weißkopfseeadlern! Und es war gleich eine ganze Familie, die sich für unsere stinkende Robbe interessierte. Und später als Steffen und ich frühstückten, kamen sie wieder zurück und wir hatten den herrlichsten Ausblick überhaupt: nach links der Point of Arches und nach rechts die Adlereltern mit ihren zwei (ganz schön großen…) “Kleinen”.

Eine ganze Weißkopfseeadler-Familie hielt sich vor unserer Campsite an der Shi Shi Beach auf. Leider waren die Babyadler etwas scheuer und schneller weg als ihre Eltern, die hier auch schon etwas beunruhigt geschaut haben... :-)

Aber als wir uns dann beim Zelt im Wald befanden, kamen auch die Babyadler wieder zurück in die Nähe der toten Robbe und waren mit dem 400 mm Objektiv recht nett zu beobachten.

Immer wieder riss die Wolkendecke auf, aber irgendwann zog es dann komplett zu. Wohl damit der Abschied vom Point of Arches nicht ganz so schwer fällt...? :-)

Der Abschied fiel schwer, aber er erschien uns das einzige Vernünftige. Uns standen ja gleich im Anschluss weitere Nächte im Zelt bevor und da unsere Kleidung noch immer so durchnässt von der gestrigen Aktion war, ging es heute Abend doch lieber in ein warmes Hotelzimmer in Forks.
Am Rückweg sahen wir wieder die zweite Robbe und dort eine weitere Adlerfamilie. Interessanterweise beschloss dann einer der Babyadler uns sogar noch ein Stück weiter in Richtung Norden zu begleiten. Wow, was für ein Abschied! :x

Da gibt es dann kaum mehr etwas hinzuzufügen und das Resümee fällt deutlich kürzer als dieser Blog aus. Die zwei Tage auf Shi Shi Beach lassen sich mit ganz wenigen Worten beschreiben: ein Naturerlebnis der Extraklasse!

Fortsetzung folgt (zumindest wenn es nach mir geht… ;) …)

Alle Details und Infos zu der Wanderung, den Permits, dem Bärenkanister usw. gibt es auf der NPS-Webseite sowie unserem ersten Shi Shi Beach Bericht.

Der Delfin mit seinen neuen Freunden... :-)PS: Interessanterweise vergingen nur wenige Tage, bis wir unseren nächsten Delfin getroffen haben. Dieses Mal aber weder am Strand noch im Ozean, sondern am Flughafen in Toronto! Silvi und Tilman hatten Steffen einen Pluschdelfin aus Vegas mitgebracht. Soooo süß und diesem Kleinen werden wir ganz sicher nicht den Weg hinaus ins offene Meer zeigen… ;)
Vielen lieben Dank auch nochmal an dieser Stelle und wie Ihr am Foto oben seht, scheint er sich schon recht gut mit seinen neuen Freunden zu verstehen, mit Klein-Nessie, Bruce the Moose und dem Cola-Eisbären! :D