Bowling Ball Beach
Kalifornien ist berühmt für seine Strände. Hier ist für jeden etwas dabei, von den palmengesäumten Badestränden im Süden des Bundesstaates bis hin zur wilden, schroffen Steilküste an der Grenze zu Oregon. Als “landschaftlich einzigartig” kann man wohl viele von ihnen bezeichnen und auch eine kleine, versteckte Bucht südlich von Mendocino fällt eindeutig in diese Kategorie! An der Bowling Ball Beach werden dem Besucher nicht nur Sand und Meer geboten, sondern eine ausgesprochen kuriose Ansammlung an steinernen, wasserumspülten Kugeln. In Reih und Glied haben sie sich parallel zu den Klippen angeordnet und trotzdem blieben sie uns vorerst verborgen…
Gestern ist das geschehen, was uns sonst eigentlich nie passiert. Wir standen orientierungslos an einem Strand und wunderten uns, wieso alles so anders als erwartet aussah. Leider drängte sich auch noch die Frage auf, ob wir uns denn nicht überhaupt am völlig falschen Ort befanden!? Selten sind wir so unvorbereitet zu einer Fototour aufgebrochen wie diesen Frühling. Steffen kümmerte sich nur kurz um die Wasserfälle im Landesinneren und ich hätte mich jenen Wasserlocations widmen sollen, deren Aussehen mit den Gezeiten “etwas schwankt”. Und was das für einen Unterschied ausmachen kann, ob gerade Flut oder Ebbe herrscht, wird einem bei der Bowling Ball Beach ganz klar vor Augen geführt. Wir wussten zwar, dass Ebbe “Pflicht” war, aber wenn man abends schon mal ganz in der Nähe ist und die Wolken am Himmel einen dramatischen Sonnenuntergang versprechen, dann schaut man sich das doch mal kurz an. Vor allem wenn man am nächten Tag den Weg dorthin noch im Dunklen vor Sonnenaufgang finden muss.
Alles was wir dabei hatten, war eine GPS-Koordinate, die ich am letzten Tag vor dem Abflug noch schnell aus Panoramio abgeschrieben habe (38°52’20″N, 123°39’35″W). Aufgrund zweier Projekte, die noch dringend fertig werden mussten, und einer größeren Fine Art Prints Bestellung war ich stark übernächtigt und wusste nicht mehr so recht, was ich tat… Und so kam es, dass wir den Hwy 101 auf- und abfuhren und nach einem geeigneten Zugang suchten zu jenem Punkt, den uns das GPS-Gerät anzeigte. Eine Parkbucht lag weiter im Norden, die andere etwas südlicher davon. Wir entschieden uns für zweitere, merkten aber gar nicht, dass von dort gleich zwei Trails in Richtung Strand führten. So folgten wir dem südlicheren Weg und standen alsbald in einer Bucht, die rechts durch eine höhere Landzunge begrenzt war. Nun, das war es wohl nicht ganz…!
Also zurück und siehe da, auf halber Höhe gab es einen unscheinbaren Pfad, den wir zuvor übersehen hatten und der in die richtige Richtung abzweigte. Und wenige Minuten später befanden wir uns in einer langen Bucht, die sich weit nach Norden erstreckte. Nur ein schmaler Sandstreifen lag hier frei, die Flut reichte fast bis an die Klippen heran. Aber mit etwas Einbildung sah man in der Ferne ein paar Kugeln. Die Sonne drohte bereits durch das schmale helle Band am Horizont noch ein letztes Mal durchzubrechen und so machten wir uns schnellen Schrittes auf den Weg. Was wir dann aber vorfanden, war enttäuschend, nämlich nichts außer ein paar ganz wenige unförmige Steinchen!
Das GPS-Gerät hatten wir obendrein auch noch sinnigerweise im Auto vergessen. So standen wir “etwas verloren” in der Gegend herum und sahen uns unglücklich an. Die Wolken wurden immer dramatischer und verfärbten sich schließlich knallorange. So ein einzigartiger Sonnenuntergang und wir hatten kein Motiv vor der Kamera! Aus den paar unförmigen Dingern, die sich hier am Strand befanden, ließ sich beim besten Willen nicht viel herausholen.
Noch dazu glaubten Steffen und ich immer fester daran, dass wir uns ohnehin am völlig falschen Strand befanden und dass wir doch den nördlicheren Parkplatz nehmen hätten sollen…
Zurück in unserem Quartier, dem Gualala Country Inn in der gleichnamigen Ortschaft, beruhigte uns der Blick ins Internet: wir hatten nichts falsch gemacht! Wir hatten intuitiv die richtige Parkbucht ausgesucht und sogar die Stelle, an der wir abends fotografiert hatten, war ziemlich exakt der Platz, an dem sich nur wenige Meter weiter draußen im Meer all diese herrlichen Kügelchen befanden! Die Vorfreude auf die Ebbe zu Sonnenaufgang wurde größer und die Enttäuschung legte sich allmählich wieder. Aber vor allem ich war jetzt beruhigt, schließlich wäre es allein meine Schuld gewesen, wenn wir tatsächlich so einen Sonnenuntergang aufgrund mangelnder Vorbereitung vermasselt hätten. Der Haussegen hätte da doch ordentlich schief gehangen…
Nach einer (viel zu) kurzen Nacht, entschädigte nicht nur eine nahezu perfekte Ebbe sondern auch ein grandioses Morgenrot für das gestrige Debakel. Jetzt war die Welt wieder ganz in Ordnung! … Kurz nach Sonnenaufgang verzog sich die Sonne aber auch schon wieder hinter dichten Wolken und wir fuhren zurück in unser B&B. Rundum zufrieden und mit einem richtig netten Frühstück im Bauch ging es weiter die Küste hinauf, wo wir gute 18 Stunden nach dem Aufstehen noch mit Stativ am Strand “herumhüpften” und einen weiteren herrlichen Sonnenuntergang in Trinidad genossen. Die Sonne blieb ihrem eigenwilligen Verhalten treu: sie zeigte sich immer nur kurz morgens so gegen 5 Uhr und durchbrach die Wolkendecke erst wieder abends und sorgte dann abermals für eine unglaubliche Stimmung bis nach 22 Uhr. Eines stand allerdings jetzt zu Beginn unserer Fototour bereits fest: lange halten wir diesen Tagesablauf nicht durch… oder doch!?
Wegbeschreibung: (damit Euch unser erster Abend erspart bleibt… …)
Der Trailhead zur Bowling Ball Beach befindet sich am Hwy 1, rund 3 mi südlich der kleinen Ortschaft Point Arena (in etwa beim Meilenstein 11.4). Er ist bis dato nicht offiziell ausgeschildert, aber die Parkbucht auf der westlichen Seite des Highways mit der überdimensionalen Aufschrift “PARK FACING SOUTH ONLY” ist dennoch kaum zu verfehlen (38.86911, -123.65356; Google Maps). Und wer sich das Ganze zuvor kurz auf Google Earth anschaut, erkennt auch deutlich die zwei von hier zu den Stränden führenden Trails. Vom südlichen Ende des Parkplatzes geht es zur Schooner Beach (und mit Umwegen zur Bowling Ball), vom Trailhead knapp 30 Meter weiter nördlich kommt man gleich direkt zum richtigen Strand (über Stufen und eine steile Holzleiter). Die Bowlingkugeln sind ca. 1 km vom Auto entfernt.
Beim Meilenmarker 13 soll es darüber hinaus noch einen zweiten (etwas längeren) Zugang zur Bowling Ball Beach geben, den Mote Creek Access. Dies aber nur vollständigkeitshalber, denn erkundet haben wir den Trail bislang (noch) nicht.
Fototipp: Unsere Fotos sind zwar (gezeitenbedingt) vor Sonnenaufgang entstanden, aber die besten Bedigungen hat man an diesem Strand meist am späteren Nachmittag bzw. zu Sonnenuntergang und das natürlich bei Niedrigwasser(!)… … keine Minustide, aber unter 3ft!
Genaueres zum Gestein und zur Geologie gibt es unter folgendem Link.
Die sehen ja krass aus! Kannte ich noch nicht, danke fürs Vorstellen! Gefällt mir besser als Shi Shi, denn näher beim Auto!!!!!
Gruß,Sophie
Mal wieder ein Bericht, den Du wohl so heimlich untergeschoben hast hier.
Die Bowling Balls sehen aber toll aus im richtigen Licht und bei guten Ebbe-Bedingungen, muss ich mir merken.
Kann mir nicht vorstellen, dass man nachmittags noch bessere Bilder bekommen kann.
LG, Tilman
Doch doch Tilman, das geht wesentlich besser! Die Klippen sind im Nachmittagslicht oder zur glow hour nach Sonnenuntergang schon richtig schön! Die schauen in der Früh leider doch in die falsche Richtung. Aber wenn wir dort nicht einiges vor Sonnenaufgang gewesen wären, hätten wir gar kein Bild, insofern dürfma uns eh nicht beschweren!
VLG,
Isa
PS: Heimlich?!? ich?!?