Vulkan auf Reykjanes – Ausbrüche und unsere Besuche
2021 fing alles an und noch ist kein Ende in Sicht. Erst vorletzte Woche hat sich in unmittelbarer Nähe der Blauen Lagune, einer der Touristen-Hotspots Islands, wieder eine Spalte aufgetan. Aus einem 7 km langen Riss, der in sicherer Distanz südlich der Flughafenautobahn verlief, ist jede Menge Lava herausgesprudelt. In der Nacht vom 27./28.8 haben darüber auch noch Polarlichter für uns getanzt, das war einfach nur surreal!
Der Ausbruch dauerte diesmal 14 Tage, aber der Spuk ist noch lange nicht vorbei. Zumindest wenn alles so wie bei den letzten drei Aktivitätsperioden abläuft (800-1240 n.Chr., 400 v.Chr.-100 n.Chr. und 1500-1000 v.Chr.). Dann könnte sich das Geschehen auf der Reykjanes-Halbinsel erst nach Hunderten von Jahren wieder vollends beruhigen. Im Schnitt erwachten die Vulkangebiete dort alle 900 Jahre und sorgten dann jeweils ca. 300-500 Jahre lang für Unruhe (-> ausführlichere Infos mit Karte).
Wer also mal Lava aus der Nähe sehen will, hat wahrscheinlich weiterhin reichlich Gelegenheit dazu!
Seit 2021 sind die Vulkane auf Reykjanes schon mehrfach ausgebrochen, ein paar Mal durften wir die Action schon live erleben. Im Juli 2023 haben Steffen und ich sogar direkt in den brodelnden Kessel hineingeschaut und die Hitze hautnah spüren können. Es war unglaublich und zugleich (vorerst) der letzte auch ganz aus der Nähe besuchbare Vulkanausbruch. Vergangene Woche kam man aber immerhin auch 3 km an die Lavafontänen ran. Fotos und mehr Details dazu dann noch in diesem Blog weiter unten.
So langsam verliere ich den Überblick und daher habe ich hier zuerst einmal eine kurze Liste mit den bisherigen Ausbrüchen inkl. Dauer gebastelt.
2021:
- 19.03-18.09 (184 Tage)
2022:
- 03.08-21.08 (19 Tage)
2023:
- 10.07-05.08 (26 Tage)
- 18.12-21.12 (47 Stunden)
2024:
- 14.01-16.01 (39 Stunden)
- 08.02-09.02 (26 Stunden)
- 16.03-09.05 (54 Tage)
- 29.05-22.06 (24 Tage)
- 22.08-05.09 (14 Tage)
Und hier eine kurze Beschreibung der einzelnen Events mit Fotos, Videos und zum Teil auch mit unseren persönlichen Erlebnissen!
1. Eruption (Geldingadalir): 19.03-18.09.2021 (184 Tage)
Als die Pandemie die Welt noch fest im Griff hatte und nur wenige die Anfangsphase des Ausbruchs miterleben durften, war unser lieber Freund Volker vor Ort und hat superschöne Fotos mitgebracht -> Zu Besuch am Fagradalsfjall-Vulkan. Das war im April. Aber selbst im Mai zeigte sich der Fagradalsfjall noch immer sehr spektakulär, unser Trauzeuge Heiko und seine Frau hatten das Glück da schon live dabei zu sein. Und Andreas ließ sogar eine Woche Quarantäne über sich ergehen, nur um den Ausbruch noch hautnah zu erleben. Und er hat es nicht bereut.
Hier ein Video vom Mai -> www.youtube.com/watch?v=ReOIJFFT9kw. Echt wahnsinnig beeindruckend!
Das Lavafeld vergrößerte sich zusehends und so verlagerte man die zugänglichen Aussichtspunkte immer weiter weg. Wir durften bedingt durch die erforderliche Impfung erst am 19. Juni 2021 dorthin, mussten die Lava schon mit dem Tele-Objektiv suchen und waren dann irgendwie nicht ganz so begeistert. Den Blog zu dem Besuch habe ich leider nie fertig geschrieben, daher hier nur ein paar Bilder dazu (links der Blick auf den Fagradalsfjall Vulkan von der Anhöhe des Langihryggur). Was uns damals am meisten störte, war der Dreck, den er in die Luft schleuderte, und wie der Vulkan uns nicht nur im Hochland, sondern sogar noch in den Ostfjorden den Himmel und die Fotos “versaute”.
Während unserer Herbsttour sorgte der Vulkan dann sogar für noch mehr Verdruss, weil er nach einer längeren etwas ruhigeren Phase, wieder so richtig toll aktiv wurde, als wir gerade am 11. September nach der Autorückgabe im Flughafenhotel eingecheckt hatten …
Andreas war auch wieder vor Ort, bot an uns abzuholen/mitzunehmen, aber wir hätten da wahrscheinlich den Flug verpasst (Check-in um 4 Uhr morgens … ). So blieb uns nur der Blick aus dem Hotelzimmer und die Live-Schaltung per Skype. Lieben Dank nochmals dafür, Andreas! :-)
Einen super Eindruck von dieser Nacht verleiht auch noch dieses Video: www.youtube.com/watch?v=rUotrTUIhV8&t=213s.
2. Eruption (Meradalir): 03.08-21.08.2022 (19 Tage)
Das zweite Mal meldete sich der Vulkan am alten Tatort zurück: Im Meradalir floss das frische Rot über die schwarze, 2021 erstarrte Lava. Sehenswert war dieser kurze Ausbruch vor allem mit Drohne, hier der Link zu einem tollen Video: www.youtube.com/watch?v=gUUSppmLw4s.
Aber auch vom Boden aus, sah es anfangs spannend aus -> Facebook-Videos hier oder hier.
(wir haben zu der Zeit Island nicht wieder besucht, da wir Ende Juni/Anfang Juli schon dort waren)
3. Eruption (Litli-Hrútur): 10.07-05.08.2023 (27 Tage)
Diesmal war der Erdboden noch weiter im Nordosten aufgerissen, und der 310 m hohe Litli-Hrútur gleich nebenan eignete sich perfekt als “Aussichtsberg”. Ich dachte mir: “Wenn nicht jetzt, wann dann!?” Und so haben Steffen und ich ganz spontan einen Flug gebucht (Check-in unmittelbar nach der Buchung war mal ganz was Neues! ) und wir hatten dann am 26. Juli eine absolut unvergessliche Nacht auf dem Litli-Hrútur. Den längeren Bericht über die Erlebnisse und die 30-km-Wanderung bin ich schuldig geblieben, aber fünf Fotos aus dieser Nacht seht ihr in diesem Bericht, zwei davon ganz oben.
Hier noch ein interessantes Video wie die Spalte aufgerissen ist:
www.youtube.com/watch?v=EhEBsv_vaK4
Und ein gutes Timelapse-Video des gesamten Ausbruchs:
www.youtube.com/watch?v=EupSdEhVQyQ
4. Eruption (Sundhnúkur): 18.12-21.12.2023 (47 Stunden)
Eine gewaltige kurze Eruption östlich der Blauen Lagune mit bis zu 100 m hohen Lava-Fontänen, die man selbst im 40 km weit entfernten Reykjavik noch gut gesehen hat. Der Sundhnúkur ist ein neues Vulkangebiet, das nicht mehr zum Tafelvulkan Fagradalsfjall, sondern bereits zum nur wenig westlich gelegenen Svartengi-Risssystem gehört -> Karte und weitere Infos).
5. Eruption (Sundhnúkur): 14.-16.01.2024 (39 Stunden)
Der schlimmste Ausbruch bisher: Der Erdboden riss viel näher an Grindavík auf. Der im Eiltempo errichtete Schutzwall hielt Stand und zeigte Wirkung. Hilflos ausgeliefert war man aber einer Spalte, die sich innerhalb des geschützten Bereichs am Rande des Ortes auftat. Dieser zweite Teilausbruch war zum Glück von sehr kurzer Dauer, aber der Lavastrom erfasste einige Häuser in Grindavík. Und die vorangegangenen heftigen Erdbeben und Bodendeformationen beschädigten zahllose weitere Gebäude. Die kleine Hafenstadt ist seither praktisch unbewohnbar.
6. Eruption (Sundhnúkur): 08.-09.02.2024 (26 Stunden)
Aus einer 3 km langen Spalte östlich der Blauen Lagune haben sich bis zu 80 m hohe Lavafontänen und eine 4 km lange Lavazunge ausgebildet, die rasch über eine der Hauptverkehrsverbindungen von Reykjanes floss, dem Grindavíkurvegur (Route 43; Google Maps). Sie zerstörte auch das Heißwasserrohr, das im dichtbesiedelten Westen der Halbinsel für warme Wohnungen und warmes Duschwasser sorgt. Der Notstand wurde ausgerufen. Nach nur wenigen Tagen war aber schon eine neue Zuleitung “herbeigezaubert” – die Isländer sind echt ein Wahnsinn!
Dank des neuen Schutzwalls konnte die Lava vom wichtigen Geothermalkraftwerk Svartsengi und von der Blauen Lagune ferngehalten werden. Vorerst zumindest … Denn beide Orte liegen nach wie vor mitten im Epizentrum der Unruhen. Der Ausbruch kündigte sich dieses Mal auch nicht über einen längeren Zeitraum an. Der vorangegangene, meist typische extreme Erdbebenschwarm war vergleichsweise kurz, gerade mal 30 Minuten anstatt der zuletzt üblichen 3-5 Stunden. Für die Evakuierung des Hotels bei der Lagune blieb also nicht sonderlich viel Zeit.
Da in der Umgebung der Grindavíkurvegur etwas Schnee lag, sah das Ganze sehr spektakulär aus: www.youtube.com/watch?v=trpMPbgLNFM. Und die Straße wurde tatsächlich im Eiltempo wieder repariert, dabei wühlte man sogar noch im rot glühenden Gestein herum. Echt verrückt wie man hier eindrucksvoll sieht -> Facebook-Video.
Nur zwei Wochen nach dem Ausbruch wurde sie schon wieder für den Verkehr freigegeben, so dass auch wir (neugierig) auf dem Rückweg zum Flughafen einen kurzen Abstecher dorthin machten. Das war am 25. Februar und die Lava unterhalb der Fahrbahn dampfte selbst da noch recht ordentlich!
7. Eruption (Sundhnúkur): 16.3-09.05.2024 (54 Tage)
Aus einer 3,5 km lange Spalte sprudelte wieder ordentlich viel Lava. Diesmal in unmittelbarer Nähe des Hotels der Blauen Lagune, das rasch evakuiert werden musste. Eigentlich schon verrückt, dass das überhaupt offen sein darf, wenn man bedenkt, dass dort im Prinzip jederzeit der Boden direkt unterm Bett spontan aufreißen kann. Das wäre so ziemlich der letzte Platz auf Island, wo ich übernachten wollen würde (und das mal abgesehen von den utopischen Preisen… ).
Das Video, von einem Gast, der alles live miterlebt hat, finde ich aber ziemlich interessant:
www.youtube.com/watch?v=Z0whwHkK-YQ&t=1208s.
Ab Minute 20 zeigt er die Evakuierung bzw. ab Minute 21:56 die Flucht vorbei an der Spalte und dann der Blick vom Flughafen (etwa 15 km Luftlinie) zurück auf die Lavafontänen.
Hier noch ein Drohnen-Video von diesem Ausbruch -> www.youtube.com/watch?v=X_TEO5PhkMY.
8. Eruption (Sundhnúkur): 29.5-22.06.2024 (24 Tage)
Ein nur 2,4 km langer Spalt. Auch dieses Mal ging alles recht flott los, aber es blieb deutlich mehr Zeit um die geschätzt 800 Besucher und Mitarbeiter aus der Blauen Lagune und dem dazugehörigen Hotel zu evakuieren. Aber genauso erstaunlich war, wie schnell das Geothermal-Spa wieder seine Pforten öffnete. Es dauerte gerade mal 4 Tage, bis man dort wieder Gäste begrüßte. Ein kurzes Vergnügen, denn nur 6 Tage später, am 8. Juni, sah man sich wieder gezwungen zu schließen, als erneut Lava über die “Hauptfluchtroute” Grindavíkurvegur floss. Allen Widrigkeiten zum Trotz war die Blaue Lagune am 11.6. schon wieder offen, allerdings mit einer sehr langen Anfahrt, die entlang der Westküste und fast durch den Ort Grindavík führt. In meinen Augen irgendwie schon ein Irrsinn. Aber die Blaue Lagune – nach wie vor extrem beliebt bei Touristen – spült halt enorme Summen in die isländische Staatskasse…
Wie gut der Schutzwall rund um das Kraftwerk und rund um Grindavík den Lavastrom ablenkt, wird recht deutlich auf diesen Fotos.
Und wie es die Route 43 wieder erwischt hat, zeigt auch noch dieses Video: www.youtube.com/watch?v=v5u3wGTtAIg.
9. Eruption (Sundhnúkur): 22.8-5.9.2024 (14 Tage)
Der Erdboden nordöstlich der Blauen Lagune hatte sich zwischenzeitlich schon wieder gewaltig gehoben, der Ausbruch war entsprechend dramatisch. Ein 7 km langer Riss, der sich zwar im Laufe der Zeit wieder verkleinerte, aber dann bis zu 100 m hohe Fontänen hervorbrachte. Und wieder mussten gut 1300 Besucher im Eiltempo von der Blauen Lagune evakuiert werden.
Am ersten Abend sahen wir den Vulkan sogar vom Hotel Eyjafjallajökull an der Straße 261 östlich von Hvolsvöllur und als dann die Zufahrt zur Blauen Lagune für die Öffentlichkeit wieder freigegeben wurde auch von einem kleinen Parkplatz aus 3 km Entfernung (man roch und fühlte zwar nichts, aber dennoch beeindruckend!). Nur schwer zu toppen war die Nacht des 27./28. August, als die Polarlichter so stark waren (mit einem kp-index von 5+), dass sie im Süden oberhalb des Vulkans für uns tanzten. Einfach nur surreal!
Weniger schön war die Unvernunft vieler Besucher. Der Ort, an dem die Fontänen während der 9. Eruption herausgeschossen sind, ist umgeben von einem alten US-Truppenübungsplatz, auf dem noch eine unbekannte Menge an Minen, Granaten usw. herumliegt. Und nicht nur dass da massenweise Leute sich trotz der Warnung auf den Weg machten, es gab sogar noch einen besonderen “Spezialisten”, der sogar den neu entstandenen Krater erklommen hat und beim Marsch über die noch nicht komplett erstarrten Lavafelder immer wieder einbrach…
Hier zwei Videos in der dazu passenden Facebook-Gruppe “Stupid Things People do in Iceland”: Video 1 und Video 2 …
Die Polizei hat da nicht eingegriffen, zählt wohl zur “natürlichen Auslese”. Aber es wäre schlimm, wenn die freiwilligen Helfer der isländischen Bergwacht ihr eigenes Leben im Minenfeld und auf der noch teils glühenden Lava riskieren, nur um solch “cerebral Teilamputierten” zu retten. Volker, deine Bezeichnung war wieder mal herrlich zutreffend!
To be continued…
Wie eingangs schon erwähnt: Wissenschaftler erwarten, dass es die kommenden Jahre auf der Reykjanes-Halbinsel so weiter geht. Diese Liste wird vermutlich also noch um einiges länger werden. Vielleicht verlagert sich dabei das Zentrum der Aktivität etwas weiter nach Westen oder Osten – und hoffentlich(!) nicht in Richtung Flughafen.
Aber übertriebene Sorgen muss man sich (zumindest derzeit) nicht machen, die Isländer sind ein immerzu optimisch eingestelltes wendiges Völkchen, das für alles sehr schnell eine Lösung findet! Wenn man auf einem heißen Pflaster wohnt (und das im wahrsten Sinne des Wortes!), kann das Motto nur “Es wird alles wieder gut!” lauten: Þetta reddast!