Ein Samstag in Wien
Heute sind wir noch später aus dem Bett gekrochen als gestern und erst gegen 11 in Richtung Wien aufgebrochen. Das Auto haben wir in unmittelbarer Nähe der Kettenbrückengasse abgestellt. Achtung, in vielen Wiener Bezirken dürfen unter der Woche nur die Anrainer ohne Kurzparkschein ihr Auto abstellen. Länger parken als zwei Stunden ist Besuchern nur am Wochenende erlaubt und selbst da gibt es Ausnahmen. Die Hinweistafeln über die flächendeckenden Kurzparkzonen an den Stadteinfahrten kann man als Tourist meiner Meinung nach nur allzu leicht übersehen! Das könnte aber teuer werden…
Auf der ÖAMTC Webseite gibt es eine gute Zusammenfassung zu diesem Thema.
Steffen kannte den Wiener Naschmarkt noch nicht, ebenso wenig wie die zwei berühmten schönen Jugendstilhäuser an der Linken Wienzeile. Samstags gibt bei der U-Bahn Station Kettenbrückengasse außerdem einen bunten Flohmarkt, wo es manchmal nicht viel anders zugeht als auf einem Bazar oder der Feira da Ladra in Lissabon. Immer wieder erstaunlich was einige Leute hier alles so verkaufen – und fast noch erstaunlicher ist das, was einige dann tatsächlich kaufen…! Schmunzeln musste ich über einen Passanten, der es geschafft hatte einem Kleiderhändler etwas unterzujubeln. Es war ein Hemd um einen Euro. Innovativ auch die Werbestrategie eines anderen Verkäufers: „Bitte nehmen, alles ist gratis!“ – aber nicht einmal so wollten die Leute seine Ware…
Der Flohmarkt ist genau wie der Naschmarkt fest in ausländischer Hand und meiner Meinung nach nur mäßig sehenswert. Man sollte aber nicht versäumen einen Blick nach oben zu werfen, denn die zwei Jugendstilhäuser hinter den Flohmarktständen zählen zu den schönsten von Wien: die 1899 von Otto Wagner entworfene Fliesenfassade des Majolikahauses (Linke Wienzeile 40) mit ihrer wunderschönen aufwändigen Blumenverzierung sowie das benachbarte Haus mit seinem üppigen Golddekor, den Frauenmedaillons von Kolo Moser und den Dachfiguren (Linke Wienzeile 40).
Inzwischen hatten wir es aber schon recht eilig, denn um 14 Uhr sollten Steffen und ich bereits beim Smutny in der Nähe der Oper sein. Durch die Menschmassen zwischen den Gewürz- und Gemüsestandln des Naschmarktes gab es kein schnelles Vorankommen. Samstagfrüh ist hier immer am allermeisten los. Kein Wunder bei dem schönen Angebot! Es soll Leute geben, die einmal im Jahr sogar aus Sachsen deswegen anreisen… (nicht wahr Heide? )
Das Smutny ist ein typisches Wiener Beisl mit langjähriger Tradition und gutbürgerlicher Küche. Mein Tata und Inge kannten das Lokal schon und so trafen wir uns hier zum Mittagessen. Steffen bestellte ein Putencordon Bleu, mein Vater Linsen mit Knödel und Ei, ich einen Adventschinken mit Linsen und Inge ein „Beuscherl“. Auf eine Übersetzung werde ich in diesem Fall aber lieber mal verzichten. Es gibt Dinge auf dieser Welt, über die ich selber nicht so genau Bescheid wissen möchte…
Es hat uns allen gut geschmeckt, aber dennoch werde ich bei der doch eher üppig fetten und meist mild gewürzten Wiener Küche nur selten in Euphorie ausbrechen können. Bei Fritattensuppe, Schwammerlsauce mit Serviettenknödel und Mohr in Hemd schon, aber auch das schmeckt vom eigenen Herd meist am besten.
Nach Speis und Trank schauten wir noch kurz beim Starbucks vorbei (nach dem Venti Cappuccino bin ich Kaffeebanause einfach süchtig… ) und Inge hat sich mit weitaus besseren Kaffee in der Nespresso Boutique in der Walfischgasse eingedeckt. Der Himmel sah heute fantastisch aus. Ein Abendrot und orangeleuchtende Wolken wie sie nicht schöner hätten sein können. Der Gedanke an die Gloriette in Schönbrunn schmerzte ein wenig…
Dann ging es quer durch die Innenstadt in die Wollzeile zum Morawa, die wohl schönste und größte Bücherhandlung von Wien. Ich musste kurz die neuesten Fotofachzeitschriften durchblättern und Inge wollten wir den Reiseführer „USA- der ganze Westen“ zeigen. Er war aber leider zur Zeit ausverkauft, ebenso wie die zwei Bücher von Daniel. Sein neues Werk über den Schönbrunner Tiergarten ist im Entstehen, darauf bin ich auch schon sehr gespannt.
Anschließend ist Vater mit Inge in der Innenstadt noch ein wenig Shoppen gegangen und wir wollten kurz auf die Mariahilfer Straße schauen. Durch die schöne Hofburg ging es hinüber zum Weihnachtsdorf vor dem Museumsquartier. Rund um den Maria-Theresien-Platz zwischen den beiden prunkvollen Gebäuden des Natur- und Kunsthistorischen Museum ist ein richtig großes „Dorf“ errichtet worden. Das kannte ich bislang selber noch nicht. Die Lage ist schön und es gibt hier viel Handwerkliches zu sehen. Einem süßen Keramikheferl konnte ich da leider nicht widerstehen…
Dann wollten wir schon fast auf ein Eis gehen bei meinem Lieblingsitaliener, aber das Angebot jetzt im Winter war leider eher sehr dürftig. Für mich hat der Paolo Bortolotti auf der Mariahilfer Straße das beste Eis in ganz Wien – am schönsten sitzt man in der Filiale mit der Hausnummer 22 (es gibt inzwischen drei auf der Mariahilfer Straße!). Beim weitaus bekannteren Zanoni Eissalon an der Rotenturmstraße ist mir das Eis zu süß, mit dem vielgepriesenen Tichy kann ich nichts anfangen und auch für das unter Einheimischen sehr beliebte Eis am Schwedenplatz konnte ich mich noch nie so recht begeistern. Was aber sicherlich u.a. an den Sorten liegt – nichts geht über das Nutella oder den Weißen Kuss vom Bortolotti!
Am liebsten hatte ich dort immer die Mitnahmeboxen, in denen man sich 0,5 Liter oder einen Liter mit nach Hause nehmen kann. Nicht selten habe ich früher solche Boxen am Ufer der Alten oder Neuen Donau genossen.
Die Mariahilfer Straße ist seit jeher meine Lieblingseinkaufsmeile und eigentlich wollten wir noch ein wenig shoppen gehen, was aber angesichts der Uhrzeit nicht mehr möglich war. Kurz nach 6 Uhr hat hier auch am Adventsamstag schon alles zu. So blieb uns nichts mehr übrig als an der Mariahilfer Kirche noch einen letzten Punsch zu schlürfen (jener mit Apfelstückchen ist für mich der beste Wiens!) und einen Riesenkrapfen zu verspeisen. Vorbei am alten und großen Innenstadtkino Apollo (wie lange waren wir eigentlich schon nicht im Kino? ) ging es schließlich zurück zum Auto und nach Hause, wo noch einiges an Packarbeit auf mich wartete…