Der Eisvogel – wenn die Jungtiere flügge werden

Wenn der Eisvogel-Papa einen Fisch bringt, freut sich nicht nur das Jungtier. Naturbeobachter und Fotografen ebenso! ;-)Vergleichsweise wenige der hier bei uns in Mitteleuropa beheimateten Vogelarten schmücken sich mit einem derart auffällig bunt schillernden Federkleid wie der Eisvogel. Da wir dieses Jahr coronabedingt den Frühling in Sachsen verbrachten, hatten wir ausreichend Zeit um uns auf die Suche nach den kleinen Exoten zu machen. Im Blog “Auf den Spuren der Eisvögel und Seeadler in Sachsen” von Ende Mai hatte ich bereits unsere ersten Beobachtungsversuche an der Spree geschildert. Der Zufall wollte es aber, dass wir vor einigen Wochen dank eines Tipps nur wenig nördlich von Dresden eine besetzte Bruthöhle ausfindig machen konnten. Anfang Juli sind die Jungtiere flügge geworden und erkundeten mit wenig Scheu ihren Teich. Unvergessliche Momente ! :x

Keine Vogelart hat es Steffen so angetan wie diese, außer die noch bunter leuchtenden Kolibris natürlich, die aber fernab in der Neuen Welt beheimatet sind, wo wir heuer ja nicht hinkommen. ;)
Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir damit verbracht haben den “Huscheln” (auch die erwachsenen Eisvögel sind wirklich klein!) bei all ihren Aktivitäten zuzuschauen. Wie funkelnde Edelsteine sehen sie aus, wenn sie von ihren erhöhten Sitzwarten in Ufernähe pfeilschnell ins Wasser schießen, um im nahezu denselben Moment mit einem kleinen Fisch im Schnabel senkrecht wieder aufzutauchen. Noch nie hatten wir die Möglichkeit Eisvögel so hautnah erleben zu dürfen! Wir versteckten uns hinter dem Gebüsch, Bäumen und Gräsern, konstruierten kleine Dschungelfenster (siehe unten Foto Nr. 10) und freuten uns darüber, wie gut sie uns in ihrer Nähe tolerierten. Zumindest das Männchen – es flog uns manchmal sogar entgegen und setzte sich auf den Ast keine 3 m vor unserer Nase!

Aber nun der Reihe nach, zu unseren ganzen Erlebnissen und Beobachtungen dann ausführlich weiter unten:

(letztes Update 16.04.2021)

Der Eisvogel: Sein Aussehen und Vorkommen

Das Gefieder des Eisvogels schillert wunderschön, vor allem die obersten Rückenfedern.Der Alcedo atthis hat eine Körperlänge von gerade mal 16-18 cm und eine Flügelspannweite von ca. 25 cm. Sein deutscher Name “Eisvogel” geht auf das germanische Wort “isan” oder “eisan” zurück, was so viel wie “glänzen” bedeutet und angesichts seines schillernden Gefieders leicht nachzuvollziehen ist. Wie es ausschaut, seht ihr auf unseren Fotos. Das Blau am Rücken variiert allerdings etwas je nach Lichteinfall, mal erscheint es grünlicher, mal ist es herrlichst kobaltblau. Die obersten Rückenfedern sind immer deutlich heller und türkisblau.

Wenn Eisvögel auf einem Ast sitzen, lassen sich Männchen und Weibchen – sofern sie einem nicht gerade den Rücken zukehren – mit einem Fernglas oder einem guten Teleobjektiv sogar relativ leicht voneinander unterscheiden. Dass die Dame eine Spur größer ist, das kann man nicht wirklich erkennen, aber ihr Schnabel fällt durch seine orangerote Unterseite auf (siehe rechts unten Foto Nr. 3 oder 24). Bei ihrem “Angetrauten” und den Kindern ist er einheitlich schwarz, wobei Letztere anfangs kürzere Schnäbel mit weißen Spitzen haben. Diese dienen wohl den Eltern bei der Fütterung als Orientierungshilfe in der finsteren Nisthöhle. Die winzigen Füße der Eltern sind während der Brutzeit korallenrot gefärbt, die des Nachwuchses hingegen unscheinbar graubraun (siehe erstes Foto ganz oben oder Foto Nr. 19/20). Erst im Lauf der Monate färbt sich die Fußunterseite zuerst orange und später dann die Oberseite. Auch das junge Federkleid leuchtet noch nicht ganz so auffällig.

Das Eisvogel-Weibchen erkennt man an ihrer orangeroten Schnabelunterseite. Bei Jungtieren und Männchen sind Schnäbel einheitlich schwarz gefärbt.In Deutschland zählt der im Englischen als “common kingfisher” bezeichnete Vogel zu den streng geschützten Tierarten, in Sachsen gelten sie sogar als gefährdet (-> Artensteckbrief). Sein Verbreitungsgebiet ist aber riesig, allein in Europa erstreckt es sich von Südskandinavien bis über den gesamten Mittelmeerraum und weiters über große Teile Südostasiens und Nordafrikas wie auch Indien, Japan oder Papua-Neuguinea (-> Karte). Er ist Mitglied der großen Eisvogel-Familie (Alcedinidae), in der es noch rund 80 weitere, teils recht kuriose Unterarten gibt, die primär in Afrika und Asien heimisch sind. In Australien lebt zudem der “Lachende Hans”, der nicht nur ulkig aussieht (Link), sondern seinem Spitznamen alle Ehre macht (Audiodatei). :D
Aber in diesem Blog soll es ausschließlich um den europäischen “gewöhnlichen Eisvogel” gehen.

Wovon ernährt sich ein Eisvogel?

Die kleinen Vögel haben eine Vorliebe für bis zu 10 cm lange Fische: Stichlinge, Elritzen, Plötzen, Barsche, Baby-Hechte und sogar Goldfische sollen schon aus so manch einem Gartenteich verschwunden sein… Sie werden in der Regel im blitzschnellen Stoßflug erbeutet – ausgehend von Sitzwarten (Äste 1-2 m oberhalb der Wasseroberfläche), gelegentlich auch aus dem “Rüttelflug”, bei dem sie ihre Flügel so schnell schlagen, dass sie praktisch in der Luft “stehen” können. Ähnliches hat man vielleicht schon mal bei Turmfalken gesehen.

Vorbeifliegende Nahrung... Fast Food... ;-)Nach der erfolgreichen Jagd (tolle Ultra-Highspeed-Aufnahmen -> Video) setzen sich Eisvögel abermals kurz auf einen dicken Ast, gegen den sie dann die Fische mehrfach kräftig schlagen (-> Video). Ist die Beute für sie selber bestimmt, verschlingen sie diese im Ganzen und mit dem Kopf zuerst. Nur so verursachen Kiemen und Schuppen keine Probleme beim Schlucken. Füttern sie die Jungen, legen sie den Fisch andersrum bzw. mit dem Kopf nach vorne in den Schnabel. D.h., wenn Eltern so regelmäßig ein Erdloch ansteuern, kann man davon ausgehen, dass sich darin Nachwuchs befindet. Das war auch bei unserer Suche DER Hinweis!

Die Fischliebhaber ernähren sich manchmal zusätzlich von Insekten (vor allem während der ersten Tage), Kleinkrebsen, Molchen, Kaulquappen und anderen wirbellosen Kleintieren. Bei uns hat sich ein Jungtier zwischendurch mal eine Libelle geschnappt. Die Vögel können die Menschen auch vor einer Plage bewahren, indem sie die Gewässer frei von Mückenlarven halten.
Und man mag es nicht glauben, aber selbst mit einer vergleichsweise riesigen Maus hat es ein Eisvogel schon mal aufgenommen (Fotos). Wie groß da wohl sein “Gewölle” ausgesehen hat? ;)
Als Gewölle oder Speiballen wird das bezeichnet, was ein paar Stunden nach der Nahrungsaufnahme wieder ausgewürgt wird. Zuerst sieht es so aus, als würde der Vogel unentwegt gähnen, bis etwas Unförmiges in seinem Rachen erscheint und dann kurz später fortgeschleudert wird. Er entledigt sich so der unverdaulichen Fisch- und Insektenreste (Gräten, Schuppen usw.).
Steffen konnte den Eisvogel auch mal dabei beobachten, wie er solch ein Gewölle ausgewürgt hat (-> siehe Foto unten und hier auch noch ein Video dazu).

Nur mit dem Kopf voraus verursacht ein Fisch beim Verschlucken keine Probleme, daher muss er manchmal erst zurechtgelegt bzw. -geworfen werden.
Hier kommt der Speiballen mit den unverdaulichen Nahrungsresten langsam schon zum Vorschein.
Man nennt ihn auch Gewölle, hier wurde es gerade erfolgreich ausgepuckt.

Wann und wo lassen sich Eisvögel am besten beobachten?

Eisvögel bevorzugen ruhige Gewässer, an denen reichlich Sitzwarten vorhanden sind.Eisvögel bevorzugen störungsarme, stehende oder langsam fließende Gewässer mit guter Sichttiefe und einem reichlichen Bestand an Kleinfischen. Wichtig sind naturbelassene Uferbereiche mit steinarmen Steilwänden, in denen sie ihre Bruthöhlen errichten können. Auch tiefhängende Äste, die als Sitzwarten dienen, dürfen dort in der Nähe nicht fehlen.
Am leichtesten findet man Eisvögel, wenn man ihre sehr markanten Rufe kennt und orten kann: oftmals ein schrilles “tjiiit” oder “tjiitjiiit”, bei Erregung aber auch “tjitjitjit” (-> Audiodatei). Dabei fliegen sie auffällig tief und meist nur knapp über dem Wasser. Der Höhepunkt der Balzzeit (Ende März), wenn sie sich gegenseitig im Liebestaumel die Flüsse auf und ab jagen, geht mit der größten Rufaktivität einher. Dann sind auch Naturschützer und Kartierer unterwegs, die versuchen die Anzahl der Brutpaare zu erfassen (in Deutschland derzeit ca. 8000 BP; Stand 2020). Vormittags soll die beste Zeit sein, dann sind die Tiere am aktivsten. Hier fängt der frühe Vogel den “Fisch”. ;)
Im Frühling und den Sommer über ertönen ihre Rufe etwas seltener. Richtig laut kann es dann aber werden, sobald sich die Jungvögel aus der Höhle wagen und ihre neue Umgebung erkunden (frühestens ab Anfang/Mitte Mai). Sie sind während der ersten Tage häufig deutlich weniger scheu als ihre Eltern und üben sich nicht nur im Fischen, sondern auch im Pfeifen.

Aus Erfahrung können wir aber sagen, dass der Herbst auch eine grandiose Zeit ist um Eisvögel zu beobachten. Aufgrund der 2-3 Bruten sind  entsprechend viele überall dann unterwegs. An einigen Teichgebieten in Ostsachsen haben wir im Herbst 2020 bis zu sieben auf einen Schlag gesehen, u.a. bei den Guttauer Teichen. Im Winter, wenn die kleineren Gewässer zufrieren, wird es auch an den größeren Flüssen interessant. Zu der Zeit konnten wir sogar mitten in Dresden zwei Eisvögeln beim Fischen zuschauen -> “Video: Eivogel fischt in der Elbe“.

Da die natürlichen Lebensräume der Eisvögel im dicht besiedelten Mitteleuropa z.T. stark beeinträchtigt und immer weniger werden, stehen diese Tiere unter strengem Naturschutz. D.h., wo immer man auch fündig wird, Folgendes ist SEHR WICHTIG:

Man darf sie unter keinen Umständen bei der Brut stören. D.h., man sollte sich ihren Niströhren nicht zu sehr nähern, sich möglichst unauffällig verhalten und gut verstecken. Mit Ästen und Blättern lässt sich schnell eine natürliche “Tarnvorrichtung” bauen und wir haben zusätzlich gerne auch noch einen großen, olivgrünen Regenponcho um. Wenn ein Vogel plötzlich nicht mehr regelmäßig seine Bruthöhle mit Fischen anfliegt, dann fühlt er sich gestört und man muss augenblicklich den Rückzug antreten! Es will sicher niemand, dass durch die eigene Anwesenheit die Nesthocker Hunger leiden oder gar sterben müssen. Selbst 2-3 Stunden massive Beeinträchtigung kann angeblich schon dazu führen, dass die Brut verloren geht. Auch im Winter darf man die Tiere nicht stören, dann leben sie ohnehin am Limit und die Flucht vor uns Menschen verbraucht nur unnötig weitere Reserven.
Bitte bedenkt das unbedingt!
Es heißt, dass Eisvögel urbane Lebensräume meiden, aber das stimmt nicht immer. Dieses Jahr fühlt sich z.B. einer offensichtlich recht wohl an der Spree mitten in Bautzen nur wenig südlich der Brücke mit dem schönen Altstadtblick.
Wer Eisvögel aus der Nähe beobachten möchte ohne sie zu stören, benötigt ein Tarnzelt. Selbst ein improvisiertes Dschungelfenster ist manchmal schon besser als gar kein Versteck.
So sah es manchmal bei uns aus: hinter Bäumen versteckt wurde die Kamera im Gebüsch mit der Handy-App fernbedient. Der grüne Poncho zeigte auch gegen Mücken seine Wirkung... ;-)

 

Das Jahr des Eisvogels: Balz, Eiablage und Jungtiere

JANUAR-APRIL:
Ab dem Herbst leben Eisvögel als Einzelgänger, mit Beginn des neuen Jahres suchen sie sich wieder einen Partner und gehen dann meist eine saisonale Einehe ein. Mit den Balzritualen starten sie sehr zeitig, oft bereits im Februar, manche sogar noch früher. Sie können sich bei einigen Paaren aber bis etwa Mitte April hinziehen. Dabei wird das Weibchen heftig umworben und bekommt besondere Fischschmankerln vom Männchen überreicht. Im Frühling 2021 konnten wir sie sogar bei der Paarung und Balzfütterung beobachten und fotografieren. :x

Hier sieht man eine typische Bruthöhle, die der Eisvogel am Ufer der Spree in eine Steilwand gegraben hat.Zur Balzzeit sind die Paare auch schon schwer beschäftigt mit dem Bau der Bruthöhle. Dafür suchen sie sich meist mindestens 50 cm hohe Erdwände an steilen Uferböschungen aus, aber auch wasserferne, steinarme Lehm- oder Sandklippen sowie größere Wurzelteller umgestürzter Bäume im Wald kommen als Nistplatz manchmal in Frage. Das Männchen hakt mit seinem Schnabel zunächst ein Loch in die Wand und “steht” dabei fast wie ein Kolibri in der Luft. Danach unterstützt auch sie ihn und beide graben abwechselnd eine schmale tiefe Röhre, die leicht schräg nach oben verläuft (ca. im 10°-Winkel) und nach 30-80 cm in einem kleinen Nistkessel endet. Zu Beginn geht es dabei immer nur rückwärts wieder raus. Erst wenn dieser Hohlraum langsam größer wird, kann der Vogel sich umdrehen und mit dem Kopf voraus seine Höhle verlassen. Versperrt ein größerer Stein oder eine Wurzel den Weg, muss mitunter an anderer Stelle eine neue Röhre angelegt werden. Auch normal ablaufende Bauarbeiten sind aufwendig und können gut 2-3 Wochen in Anspruch nehmen.

Kein Wunder also, dass sich männliche Eisvögel extrem territorial verhalten und ihre Reviere – nicht nur zur Brutzeit – gegenüber Artgenossen mit Vehemenz verteidigen. Dies ist der Grund, warum diese Vogelart eine vergleichsweise geringe Siedlungsdichte aufweist. Die mittlere Distanz zwischen den Niströhren zweier Rivalen beträgt etwa 1 km, in wenig optimalen Lebensräumen sogar bis zu über 5 km.

AB ENDE MÄRZ:
Die Fortpflanzungszeit der Eisvögel dauert in der Regel von April bis Ende September. Mit der Eiablage beginnen einige Paare schon Ende März, andere erst Ende April. Normalerweise liegen dann 5-7 Eier im Nistkessel (in Ausnahmefällen sogar bis zu 9!), die für ganze 3 Wochen abwechselnd von ihm und ihr bebrütet werden.

Die flinken Fischjäger sind ganz schön umtriebig: Bis zu drei Bruten schaffen sie pro Jahr, wenn alle Rahmenbedingungen passen. Meist bringt es ein Pärchen dennoch auf nur 6,5 Nachkommen pro Saison (die Mortalität unter den Jungtieren ist leider extrem hoch!).
Gelegentlich kommt es zu Schachtelbruten, bei denen das Männchen den Nachwuchs in der ersten Höhle mit Fischen versorgt, während das Weibchen bereits in einer zweiten Höhle sitzt und die nächste Generation bebrütet. Manche Männchen sind auch der Bigamie nicht ganz abgeneigt und es soll vorkommen, dass sie noch eine weitere Dame in einer nicht allzu weit entfernten zweiten Bruthöhle beglücken. Kein leichter Job, denn die ganzen Nesthocker haben ordentlichen Appetit und in Abhängigkeit von der Fischgröße kann jeder von ihnen an die 15 Stück pro Tag verschlingen.

Nachdem die Jungtiere geschlüpft sind, bekommen sie allerdings anfangs vor allem Insekten, erst im Lauf der Zeit kleine Fische. Es war absolut faszinierend die Eltern bei der Fütterung zu beobachten. Tüchtig flogen sie auf “unserem” Teich umher, setzten sich auf Äste in Ufernähe und kehrten mit einem Fisch im Schnabel wieder zurück an die Bruthöhle. Dort dann jedes Mal dasselbe Ritual: Er nahm auf dem Ast im Wasser unterhalb der Bruthöhle Platz, sah sich nach links und nach rechts um, und manchmal wendete er sich sogar sicherheitshalber nochmal. Lag der Fisch noch nicht richtig im Schnabel, warf er ihn kurz hoch und schnappte erneut nach ihm. Das hat er allerdings nur ein einziges Mal gemacht bei uns, in diesem Moment entstand das Foto mit der Plötze (siehe oben Foto Nr. 5). Meistens lag der Fisch aber schon ordentlich platziert in seinem Schnabel, wenn er zu seiner Sitzwarte vor der Höhle kam.

Nachdem der männliche Eisvogel den Nachwuchs in der Höhle gefüttert hat, nahm er immer ein Bad.
Und bevor er meist noch ein zweites und drittes Mal untertauchte, ruhte er sich auf dem Ast direkt unter seiner Bruthöhle aus.
Manchmal setzte er sich nach der Fütterung aber auch auf einen Ast ganz in unserer Nähe und nahm dann dort sein Bad - hier noch mit nassem Federkleid.

War “die Luft rein”, flog er mit dem Fisch hinein und keine Minute später war er bereits zurück. Allerdings mit verschmutztem Federkleid, so dass er kurz ein Bad nahm, meist auch noch ein zweites oder drittes. Zwischen den Tauchgängen setzte er sich immer wieder auf den Ast direkt unterhalb der Bruthöhle, manchmal aber auch auf einen ganz in unserer Nähe.
Die Mutter verhielt sich völlig anders. Wenn sie sich der Bruthöhle näherte, dann meist über das etwas dichtere Blattwerk neben der Höhle und  immer nur geräuschlos. Er schaffte es selbst mit Fisch im Schnabel jedes Mal ordentlich zu pfeifen, so dass man seine Rückkehr auf keinen Fall verpassen konnte.

Viel Zeit investiert der Eisvogel auch in die tägliche Gefiederpflege.Die besetzten Bruthöhlen lassen sich normalerweise ganz gut an den weißen Kotspritzern an der Wand ausmachen. Die Röhren wurden absichtlich schräg gebaut, damit die Küken ihre Exkremente nach unten bzw. draußen spritzen können und der Nistkessel möglichst sauber bleibt. “Meistens” deshalb, weil es auch Ausnahmen gibt. Der Bruthöhle unseres Paares z.B. sah man von außen nicht an, dass darin erfolgreich Nachwuchs aufgezogen wurde. Dort hat es vermutlich im Innenraum umso schlimmer ausgesehen… kein Wunder, dass die Eltern direkt nach der Fütterung immer gleich mehrfach ein Bad genommen haben. ;)
Um ihr Gefieder sauber und wasserabweisend zu halten, werden mit dem Schnabel alle in Schieflage geratene Federn wieder zurecht gerichtet und mit dem Öl aus der Bürzeldrüse eingefettet. Wir durften dem Männchen mal bei der Gefiederpflege zuschauen, das ganze Prozedere dauerte über eine Viertelstunde lang.

AB MAI:
Bei Paaren, die bereits Mitte April mit der Fütterung der Erstbrut begonnen haben, trippelt nach einer Nestlingszeit von 22-28 Tagen, also in etwa Anfang/Mitte Mai, der Nachwuchs gleichzeitig aus dem Erdloch. Sie sind dann schon fast so groß wie die Eltern, können sofort fliegen und werden nur noch relativ kurz mit Fischchen versorgt. Nach wenigen Tagen müssen sie allein zurechtkommen und werden bereits lautstark aus der Umgebung der Nisthöhle verscheucht. Die Eltern sind zu dem Zeitpunkt nicht selten bereits mit der nächsten Eiablage und deren Bebrütung beschäftigt. Zweitbruten sind die Regel (Juni/Juli), Drittbruten (August/September) möglich. Aber auch diese “Huscheln” sind wiederum nur ca. 7-8 Wochen nach Eiablage auf sich allein gestellt.

Nach dem Verlassen der Bruthöhle erkundeten die Babys neugierig ihre Umgebung oder saßen einfach nur faul im Gebüsch.
Wie die Jungtiere zu ihrem Spitznamen Dicki Hoppenstedt kamen, sieht man auf dem Foto wahrscheinlich recht gut! ;-)
Die Jungvögel verhielten sich nicht gerade leise, besonders laut wurde es, wenn sie nach Futter bettelten.

Wir durften dieses Jahr Anfang Juli miterleben, wie eine Zweitbrut nur relativ kurz am Privatteich der Eltern geduldet wurde. Nachdem die Kleinen flügge waren, erkundeten sie ein paar Tage lang “quiekend” die neue Umgebung (ihre Pfiffe klangen irgendwie noch nicht nach Eisvogel…). Sie waren deutlich weniger scheu als ihre Eltern! Und jene, die oft stundenlang in gedrungener Haltung faul auf einem Ast im schattigen Gebüsch verweilten, wurden von Steffen kurzerhand auf den Namen “Dicki Hoppenstedt” getauft (frei nach Loriot). ;)
Aber tatsächlich schauen ganz junge Eisvögel nicht nur etwas pummeliger als die Eltern aus, sie sind es auch und bringen meist bis zu 10% mehr auf die Waage. Mit durchschnittlich 42 g sind sie trotzdem noch immer ein echtes Fliegengewicht.

Schon nach wenigen Tagen passierte aber das, was wohl in der Welt der Eisvögel unausweichlich ist: Der Vater wurde energisch. Mit weit aufgerissenem Schnabel, schrillen Pfiffen und gespreizten Flügeln forderte er einen der Kleinen unmissverständlich auf, den Abflug zu machen. Sicherheitshalber ist er ihm auch noch nachgeflogen weiter in Richtung Norden zu einem anderen Teichgebiet. Interessanterweise zogen die Kleinen aber nicht alle gleichzeitig von dannen. Einer wurde noch auffällig lang mit Fischen versorgt, erst nach knapp zwei Wochen war auch er dann von “unserem” Teich verschwunden.

Während der ersten Tage schauten die Eltern noch regelmäßig mit einem Fisch bei ihnen vorbei.
Hier sieht man wie bei der Fütterung die Jungtiere den Fisch in den Schnabel gelegt bekommen.
Diesen Luxus gab es allerdings nicht lange, nach nur wenigen Tagen mussten die jungen Eisvögel selber das Fischen beherrschen und wurden von den Eltern vertrieben.

Nach der Vertreibung aus dem elterlichen Revier streunen die Jungvögel umher, häufig bleiben die Geschwister noch eine Weile zusammen. Wer ab Ende Juni Eisvögeln mit noch unauffällig gefärbten Füßen begegnet, hat oftmals schon das Ergebnis einer erfolgreichen Zweitbrut vor sich.

Für die Folgebruten nutzen Paare häufig eine zweite Nisthöhle in derselben Steilwand, aber die neue kann auch bis zu 3 km entfernt liegen. Manchmal säubern sie auch die alte. Bei uns waren die Arbeiten am Neubau zwei Wochen, bevor sich die Nesthocker aus der Bruthöhle wagten, schon voll im Gange: Eines Abends durften wir das männliche Tier dabei beobachten, wie es emsig an einem weiteren Tunnel grub – nur einen knappen Meter entfernt und fast direkt neben seiner noch belegten Bruthöhle. Dabei wirbelte er jede Menge Staub und Sand aus dem neuen Loch und zwischendurch musste er sich immer wieder auf seiner Sitzwarte im Wasser unterhalb seiner zukünftigen Höhlen ausruhen. Ein herrliches Spektakel!

Als die Kinderlein alle endlich außer Haus waren, saßen die Eltern oft auch nur noch faul herum. Nicht selten auf Bäumen, die als Sitzwarte völlig ungeeignet waren...
Das Eisvogel-Pärchen chillt und genießt sichtlich das Ende der stressreichen Zeit und seine wiedergewonnene Zweisamkeit... ;-)
Es war auch bereits der zweite Nachwuchs, den sie dieses Jahr erfolgreich großgezogen hatten. Die erste Brut geht hingegen meist nahtlos in die nächste über, so dass es über zwei Monate lang jede Menge hungriger Schnäbel zu stopfen gibt.

Was machen Eisvögel den Winter über?

In Mitteleuropa ist der Eisvogel ein Standvogel oder Teilzieher. Die meisten von ihren flüchten mit dem ersten Frost gen Süden. Es sind vor allem die erfahrenen Männchen, die ihre einmal besetzten und bewährten Reviere nicht aufgeben wollen und den Winter über dort verharren. Selbst wenn sie wegen zufrierender Gewässer und Nahrungsmangel doch noch gezwungen werden weiterzuziehen, sind sie spätestens im Februar wieder da. Größere Distanzen (bis zu 1.000 km) legen vor allem die Jungvögel zurück, denn diese müssen sich auch erst ein neues eigenes Herrschaftsgebiet suchen. Ab November versuchen Eisvögel an einem Ort zu verweilen und an Gewicht zuzulegen. Sie wiegen dann bis zu 46 g.
In harten Wintern fordern Eis und Schnee ihren Tribut und es kommt zu erheblichen, mitunter sogar drastischen Bestandseinbrüchen (bis zu 90%). Dank ihrer hohen Reproduktionsrate können die Vögel selbst solche Rückschläge meist nach wenigen Jahren wieder kompensieren. Vor allem wenn die Winter – wie in den letzten Jahren – eher mild sind, finden sie ausreichend Nahrung.

Laut Statistik sterben bereits über 70% der Eisvögel im ersten Lebensjahr, so dass diese Vogelart ein durchschnittliches Alter von nur 1-3 Jahren erreicht. Nur sehr selten werden sie 5 Jahre alt, unter optimalsten Bedingungen wären wohl theoretisch bis zu 15 Jahre möglich.

Hat ein Eisvogel Feinde?

Waschbären sind niedliche Tiere - in Nordamerika! Hierzulande sorgen sie dafür, dass mancherorts Haubentaucher und Enten kaum eine Chance auf Nachwuchs mehr haben. Eines morgens streunte einer direkt vor unserer Eisvogel-Bruthöhle herum! ;-((((Ja leider, wie oben schon angedeutet sind das in erster Linie wir Menschen. Wir zerstören seine Lebensräume, indem wir die Flüsse begradigen und Feuchtgebiete trockenlegen. Die Anzahl der naturbelassenen, ruhigen Gewässer hat während der letzten Jahrzehnte immer mehr abgenommen. Renaturierungsmaßnahmen sollen hier helfen, auch schafft man mancherorts extra für Eisvögel neue Steilwände und legt künstliche Nisthöhlen an. Diese werden von den Tieren oft erstaunlich gut angenommen.
Zu seinen natürlichen Feinden im Wasser zählen z.B. Hechte, aus der Luft sind es u.a. der Sperber und der Habicht. In der Brutröhre stehen sowohl die Eier wie auch die Nesthocker im Visier von Hauskatzen, Füchsen, Wieseln, Mardern, Waschbären, Ratten, Mäusen, Maulwürfen oder Schlangen.
Problematisch können auch Überschwemmungen werden, wenn das Wasser ihre Niströhren erreicht oder tagelang so trüb ist, dass das Fischen und Füttern unmöglich wird.

Tolle Fotos von Eisvögeln?

Suchbild... nicht selten sieht man die winzig kleinen Eisvögel so wie hier, nämlich nahezu gar nicht. Einer hockt auf dem linken Stock vorne am Wasser. Aufgenommen mit dem 400-mm-Tele! ;-)Bis jetzt stand bei uns eher das Beobachten dieser Tierart im Vordergrund als das Fotografieren. Denn wirklich tolle Fotos, wie man sie aus Magazinen kennt (gestochen scharfer, auftauchender Eisvogel mit Fisch im Schnabel und umgeben von Wasserspritzern…), sind nur mit weitaus mehr Aufwand und ausgeklügelter Technik zu erzielen. Unser Tele (Canon EF 100-400 mm f/4.5-5.6 IS II USM) ist zwar nicht schlecht, aber selbst mit 1,4x-Konverter (ebenfalls von Canon) kommt man dennoch nicht sehr weit, vor allem wenn man mit Vollformat arbeitet. Nicht umsonst sind Crop-Kameras bei Tierfotografen beliebt. Vor allem kleine scheue Tiere sind eine Herausforderung. Die Körperlänge eines Eisvogels beträgt gerade mal 16-18 cm. Man kann sich in etwa ausrechnen, wie groß er mit 560 mm Brennweite abgebildet wird, wenn man ihn aus vielen Meter Entfernung aufnimmt. Von unseren 30-MP-Fotos bleibt nach dem Zuschnitt nicht mehr arg viel übrig, im günstigsten Fall 12 MP und die meistens sogar nur 7 MP oder noch weniger. Als Erinnerung super, aber für ordentlich große Ausbelichtungen sind sie eher weniger tauglich… :(

Wer richtig gute Nahaufnahmen haben möchte, muss – um die Tiere nicht zu stören – sich in ein Tarnzelt setzen und viel Geduld mitbringen. Eisvögeln entgeht keine Bewegung und auch kein Geräusch in ihrem Umfeld. Nicht selten greifen Profi-Fotografen daher zu ganz besonderen Tricks. Sie konstruieren neue Sitzwarten für die Tiere und positionieren ihre Tarnvorrichtung dann direkt dahinter. So kann man ihn wirklich hautnah beim Ein- und Auftauchen erwischen und ganz tolle Fotos machen! Die Eisvögel an unserem Teich haben grundsätzlich die tiefhängenden Äste auf den Inseln zum Fischen genutzt – fotografisch unmöglich festzuhalten.
Aber es wird in der Tierfotografie noch weitaus mehr getrickst um das “perfekte Foto” zu erlangen. So werden beispielsweise Lockeimer mit Fischen unter der Wasseroberfläche versteckt, Kameras mit Weitwinkel (!) unter künstlichen Eintauchbecken positioniert und der Eisvogel mit einer ganzen Armada von Aufhellblitzen bombardiert. Das geht uns persönlich definitiv (viel) zu weit. Und seit ich Berichte über diese Methoden gelesen habe, beeindrucken mich derartige Fotos eigentlich gar nicht mehr. Als “toll” möchte ich sie jedenfalls nicht mehr bezeichnen…

Hier schlägt das Fotografenherz höher, wenn der kleine Eisvogel extra fürs Foto länger auf einem hübschen Ast verweilt.
Vor allem weil die Sonne genau dort auf den Ast schien, wo er sich hingesetzt hatte, und auch die Blätter im Hintergrund leuchten ließ. :-)
Und das bunte Gefieder des Eisvogels bildete einen herrlichen Kontrast zu dem leuchtenden Grün des Waldes.

Uns hat es vorerst jedenfalls auch Freude gemacht, diese wunderbaren Tiere “nur” zu beobachten, ohne sie zu stören, und dabei den einen oder anderen Schnappschuss zu machen. Das zweite Foto oben mit dem leuchtenden Laub dient sogar fortan als Hintergrund auf meinem Handy. :x
Aber die Anschaffung eines Tarnzelt ist geplant… To be continued! ;)

Mehr dazu in unserem neuen Blog (April 2021) zum Thema “Tierfotografie im Pop-up-Tarnzelt