Was ist eine Aurora-Corona?
Es ist sicherlich die schönste Form, die Polarlichter annehmen können. Bei einer Aurora-Corona, wie sie gern genannt wird, stürzen die bunten Vorhänge mit unglaublicher Geschwindigkeit direkt aus dem Zenit vortexartig und von allen Seiten auf einen herab. Absolut überwältigend! Aber solche Erscheinungen sind leider selten. Eine Corona bildet sich meist nur bei stärkeren Sonnenstürmen aus und auch da bei weitem nicht jedes Mal, sondern eher nur sporadisch. Und sie löst sich dann fast so schnell wieder auf, wie sie entstanden ist. Alles nur eine Frage weniger Sekunden! Wer in dem Moment nicht nach oben schaut oder seine Kamera erst neu ausrichten muss, hat meist schon verloren. Für ordentliche Fotos sollte die Nacht klar sein. Bei viel Feuchtigkeit in der Luft oder sogar leichtem Nebel sieht die “Explosion” leider total vermatscht aus – dieses “Vergnügen” hat man im Winter nur allzu leicht. Und dann beschlagen auch noch die Linsen gern. Um endlich mal am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu stehen und eine Corona im perfekten Moment zu erwischen, haben auch wir etliche Anläufe gebraucht.
In der Nacht vom 13. auf den 14. März 2022 war es so weit. Aber mehr als vier Fotos sind es dann auch nicht geworden. Um 23:51:13 Uhr ging es los und um 23:52:07 Uhr war alles schon wieder vorbei. Der Start lässt sich unmöglich voraussagen. Sobald sich aber einer der grünen Bögen (wenn es denn überhaupt mehrere sind) ablöst und in Richtung Zenit wandert, heißt es aufpassen. Dann kann er jeden Moment explosionsartig zerfallen, aber ebenso gut einfach nur weitertanzen und sich irgendwann wieder beruhigen. Man braucht also eine gute Portion Glück! Und aus eigener Erfahrung kann ich noch sagen: auch jede Menge Geduld!
“Wie belichtet man eine Aurora-Corona am besten?“, ist eine gute Frage. Auf keinen Fall zu lange, aber auch nicht zu kurz, denn man will da ja unbedingt “längere Striche” einfangen. Sie bewegen sich meist rasant schnell, viel mehr als ein paar Sekunden Belichtung sollten es daher nicht sein. Bei der ersten Aufnahme hier im Blog waren es z.B. nur 6 Sekunden. Und dank des Schnees und des schon recht stark zunehmenden Monds (73%) konnte man in der Nacht sogar ISO 1000 und f/5 einstellen. Normalerweise fotografieren wir Polarlichter mit f/4 (bei Neumond mit f/2.8), aber in Dimmuborgir umgeben von so toll verschneiten Felsbögen, wollte ich absolut kein Risiko eingehen – die “mussten” einfach knackig scharf werden.
Viel an der Kamera herumschrauben kann man während dieser paar Sekunden nicht. Der Fokuspunkt sollte von Beginn an sitzen und auch für andere Experimente bleibt im Allgemeinen keine Zeit. Ich konnte gerade noch die Kamera runterschwenken um auch etwas von der Landschaft im Bild zu haben (-> das erste Foto) und dann war die Show schon wieder beendet. Zoomen ist absolut Tabu und nicht notwendig. Alle drei Bilder hier wurden mit 16 mm aufgenommen.
Der Sonnensturm in dieser Nacht war sehr stark (kp=6,33). Update: In der Nacht vom 26. auf dem 27. Februar 2023 haben wir eine noch viel beeindruckendere Aurora erleben dürfen. Bei kp=6 gab es eine sogenannte Blutaurora (Blood Aurora) bei der die Vorhänge knallrot erscheinen. In jener Nacht haben sich etliche Coronas ausgebildet, da kaum Grün dabei war, sondern eher verschiedene Rottöne, waren sie deutlich langsamer und leichter zu fotografieren. Ein Blick auf die Exif-Daten aus dieser Nacht zeigt, dass die meisten Bilder mit 5-8 Sekunden aufgenommen wurden. Da aber eine Corona mit Rottönen deutlich dunkler ist, waren – trotz 36,8% Mond – ISO-Werte von 1600-2500 nötig. Fotos folgen noch. ;-)
Coronas können sich aber auch bei viel kleineren Kp-Werten ausbilden. Im Norden von Island reicht dafür theoretisch ein kp=2 schon (-> Welchen Kp-Index benötigt man für schöne Polarlichter?).
Wichtig ist nur, dass die Bögen wirklich direkt in den Zenit wandern, denn nur dort kommt es zu dieser optischen Täuschung. Wie Zugschienen vereinen sich dann die bis zu 500 km hohen parallelen Lichtstrahlen an einem Fluchtpunkt in der Ferne und es entsteht dieses absolut irre aussehende “Zirkuszelt”.
Vor lauter Aufregung bin ich aber nur wenige Minuten danach in der Finsternis über ein (unsichtbares) Absperrseil gestolpert und habe eine wunderbare Bauchlandung auf dem blanken Eis hingelegt. Bunt wurden am 14. März also nicht nur unsere Fotos, sondern auch diverse Körperteile von mir. Aber was nimmt man nicht alles in Kauf …
Und ja, wer nur zuschaut, hat noch mehr von diesem Erlebnis! Denn eine Corona ist oft sehr hell, außergewöhnlich bunt und gut sichtbar. Die hoch hinaufragenden blauen oder rötlichen Säulen bleiben unseren Augen leider verborgen, aber die grüngelben Strahlen schießen wie aus dem Nichts auf einen herunter. An ihrem Ende sind sie besonders hell (weiß oder pink) und im Schnitt dann nur noch 80-100 km von uns entfernt – der Weltraum fast zum Greifen nah!
– Polarlichter fotografieren (alle Tipps und Tricks rund ums Fotografieren)
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