If you are going to San Francisco …

Blick durch die Pylonen der Golden Gate Bridge auf San Francisco, aufgenommen von der Conzelman Road - auch dort sollte man lieber keine Wertsachen im Auto liegen lassen.Der Klassiker “If you are going to San Francisco” von Scott McKenzie aus den 1960er-Jahren würde heutzutage einen wohl weitaus weniger poetischen Text haben. Vielerorts ist er noch da, der alte Flower-Power-Flair in der City by the Bay, aber die Leute sind längst nicht mehr nur “gentle” (=sanft) dort. Statt auf “Blumen im Haar”, gilt es mittlerweile eher auf Portemonnaie, Handy und anderes Hab und Gut zu achten. Car break-ins (Autoeinbrüche), pickpocketing (Taschendiebstahl) und shoplifting (Ladendiebstahl) stehen leider an der Tagesordnung. Bei zerschlagenen Fahrzeugscheiben belegt man landesweit sogar Platz 1. Über 70 Autos werden derzeit im Schnitt tagtäglich geknackt, so schnell, dass es meist kein Passant mitkriegt (oder nicht will …). Gegen die organisierten Banden hat man keine Chance: der Dieb springt üblicherweise aus einem nur kurz stoppenden Fahrzeug, schlägt zielsicher eine Seitenscheibe ein und in weniger (!) als 10 Sekunden ist er mit dem Inhalt (auch des Kofferraums!) wieder verschwunden. Kurz und treffend benannt als “Smash-and-grab”-Diebstähle. D.h., es hilft absolut nichts, wenn man im Café nebenan sitzt und dabei sein Auto “im Auge behält”. Mehr als das Nach”sehen” wird man dabei nicht haben …

Die Schuld gibt man der “zu liberalen” Regierung und den zu laschen Gesetzen in Kalifornien. Für “Bagatellen” (mit einem Sachwert unter $950) müssen Kleinkriminelle aktuell mit kaum Konsequenzen rechnen. Vor 2014 lag diese Grenze bei $400. So kommt es, dass nun einige schon bis zu 18. Mal wegen Autoaufbruch eingelocht wurden und trotzdem wieder auf freiem Fuß ihr Unwesen treiben dürfen. Mancherorts ist daher selbst eine $6-Zahnpasta wie hierzulande der teure Whisky hinter versperrten Vitrinen zu finden. Weil auch das in Mode gekommen ist, dass man mit großen Einkaufstaschen in Drugstores wie Walgreens oder CBS hineinstürmt, diese auffüllt und wieder ungehindert von dannen zieht. Die Polizei kann hier auch nicht viel ausrichten, denn eine wilde Verfolgungsjagd darf sie sich erst bei weitaus schwereren Verbrechen liefern. Fahren die Diebe also mehrfach über rote Ampeln, hat die Polizei keine Chance. Und auch die Eigentümer der Geschäfte, denn die Waren werden oft nur wenig später zu Spottpreisen auf Flohmärkten weiterverscherbelt. Ähnliches passiert mit den gestohlenen Laptops, Handys, Kameras (ebenfalls sehr begehrt!) und anderen elektronischen Geräten. Auch diese wechseln meist schnell den Besitzer und die ganzen mitgestohlenen Dokumente (Pässe, Führerschein etc.) wandern dabei nicht selten einfach in den nächstbesten Müllcontainer – für Besucher meist besonders ärgerlich und problematisch.

Das Ganze hat ein derart unüberschaubares Ausmaß angenommen, dass die San Francisco Chronicle sogar eigens eine Seite geschaffen hat, auf der man die Autoeinbrüche und deren Häufigkeit je nach Bezirk und Straße grafisch darstellt:
-> www.sfchronicle.com/projects/sf-car-breakins/
Und das sind wohlbemerkt nur die gemeldeten Fälle…!

Man kann nur hoffen, dass San Francisco a.s.a.p. die Kurve kriegt und dass sich die Situation während der kommenden Jahre wieder deutlich bessert. Auch Seattle und LA sind davon betroffen, aber lange nicht so massiv. Hinzu kommt noch die Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit, beides war in all diesen Städten schon immer ein großes Problem und die Pandemie hat nochmal eine Schippe draufgelegt. Früher haben sich die “homeless people” in San Francisco (derzeit knapp 8.000 Menschen) auf Downtown konzentriert, schon zur Jahrhundertwende haben wir uns dort angesichts des vielen und sehr offensichtlichen Elends in den Straßen rund um die Hotels unwohl gefühlt. Aber mittlerweile begegnet man Obdachlosen und Drogensüchtigen selbst an Touri-Hotspots wie Fisherman’s Wharf. Die größten Sorgen bereitet derzeit Xylazin, ein Schmerz- und Berührungsmittel aus der Tiermedizin, das illegal Drogen wie Fentanyl beigemischt wird und deren Wirkung so massiv verstärkt, dass die Süchtigen stundenlang zu Zombies werden. Der Stoff ist auch unter dem Namen “Tranq” (von Tranquilizer) bekannt und hat schlimme Nebenwirkungen. Er lässt Gewebe absterben und verursacht klaffende Wunden, die nur sehr schwer behandelbar sind. Außerdem macht Tranq die Süchtigen noch schneller abhängig.

Dieser Teil der Bevölkerung wird oft automatisch “kriminalisiert”, fällt aber in erster Linie durch Verwirrtheit, Psychosen und nur gelegentlich durch Vandalismus auf. Für die Ladenbesitzer hat die Gegenwart der Obdachlosen dennoch katastrophale Auswirkung, die Kundschaft bleibt fern. Im Stadtteil Castro verweigerten Geschäftsleute z.B. schon das Zahlen der Steuern und forderten die Stadtverwaltung auf, sich um die Obdachlosen und den Müll zu kümmern, so dass die Zeltsiedlungen endlich wieder aus den Straßen verschwinden; ähnlich in Tenderloin.

Amerikaner unterscheiden zwischen “violent crimes” und sogenannten “petty crimes” (petty thieves=Kleinkriminelle). Und hierzu gibt es auch positive Nachrichten: Bei den schweren Verbrechen liegt San Francisco weit hinten im Ranking unter den amerikanischen Großtstädten! Eine sehr gute Info-Quelle zu allen aktuellen Geschehnissen in der Stadt ist die San Francisco Chronicle. Wer dort unter dem Menüpunkt “Bay Area” das Stichwort “crime” auswählt, wird aber schnell sehen, dass auch in den Touristenvierteln durchaus hin und wieder etwas passieren kann.

Ein paar Dinge sollte man beim Besuch daher unbedingt beachten:

Einige Stadtteile lieber komplett meiden, dazu zählen in erster Linie Tenderloin (die Häuserblocks südwestlich des Union Square) und auch Western Addition (zwischen Alamo Square und Japantown). Das zentrale San Francisco besser bei der Quartiersuche ausklammern, ev. mit Ausnahme der Gegend rund um das Ferry Building im Financial District und die Lombard Street etwas stadtauswärts. Gut 1/3 der Ladenflächen stehen dort ohnehin leer und auch Firmensitze ziehen sich immer mehr aus Downtown zurück.
In öffentlichen Verkehrsmitteln unbedingt Portemonnaie, Taschen und Rucksäcke gut festhalten. Und das Handy möglichst nicht “griffbereit” haben, denn das wird unvorsichtigen Touristen gerne entrissen.
Und das Wichtigste wie schon angedeutet: Im Auto grundsätzlich absolut nichts liegen lassen, auch keine Jacken usw. Und auch nichts im Kofferraum! Diebe erkennen Mietwagen und wissen, dass dort mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas zu holen ist. Koffer sofort ins Hotel schaffen und dort dann auch länger aufbewahren, falls der Rückflug erst abends ist.
Parkplatz: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, stellt das Auto im Hotel ab (Parkplätze werden von einigen Häusern an der Lombard Street auch kostenlos zur Verfügung gestellt) oder nutzt “Valet Parking”-Angebote (Aussprache übrigens “wää-le-i“!). Die öffentlichen Verkehrsmittel mit Ausnahme der Cable Cars) sind in San Francisco sehr günstig! Kinder/Jugendliche unter 19 fahren sogar gratis in Bussen und Street Cars!
Zu den heiklen Gegenden mit auffällig vielen glitzernden Autoglasscherben auf den Straßen zählen nicht nur die Hotspots im Zentrum (Fisherman’s Wharf, Union Square, Alamo Square, Market Street, etc.), sondern auch der Mission District, Castro, einige Straßen rund um den Golden Gate Park und die Parkplätze beim Palace of Fine Arts sowie entlang der Conzelman Road auf der nördlichen Seite der Golden Gate Bridge, wo sich wegen der grandiosen Aussicht immer besonders viele Touristen tummeln. Dort hat vor Jahren schon mal ein lieber Freund am Tag vor dem Rückflug sein gesamtes Kameraequipment eingebüßt inklusive aller Urlaubserinnerungen … :(

Mittlerweile wurde an vielbesuchten Plätzen wie Fisherman’s Wharf die Polizeipräsenz deutlich aufgestockt, aber bis zu einer Normalisierung der Lage ist noch ein weiter Weg. Bis dahin gilt: If you are going to San Francisco, be sure to … be extra careful! ;)