Totale Sonnenfinsternis im Nordwesten der USA 2017
Wer schon länger mit einem Besuch des Nordwestens der USA liebäugelt, der hat im kommenden Jahr neben der zerklüfteten Oregon- und wildromantischen Olympic-Küste, den moosbehangenen Regenwäldern, vulkanischen Kaskadengebirgen und brodelnden Geothermalgebieten vielleicht noch einen weiteren Grund einen Flug nach Übersee zu buchen: Im Sommer, zur allerbesten Reisezeit für diese Gegend, findet dort eine totale Sonnenfinsternis statt. Während der America’s Coast-to-Coast Eclipse am 21. August 2017 verdunkelt sich der Himmel entlang eines schmalen, maximal 115 km breiten Korridors in insgesamt 14 US-Bundestaaten – von Oregon über den Grand Teton Nationalpark und Nashville bis an die Atlantikküste.
Auch wenn sich durchaus alle paar Jahre solch ein Naturschauspiel auf der Erde ereignet, so verfehlt dabei der Kernschatten des Mondes nicht selten die Kontinente oder zumindest Länder, in die man gerne reisen würde. Und so kommt es, dass die Liste der totalen Sonnenfinsternisse, die man tatsächlich noch erleben könnte bzw. möchte, doch recht überschaubar ist (Karte und Übersicht aller “SoFis” im 21. Jahrhundert). In Mitteleuropa sieht es z.B. diesbezüglich in den nächsten 60 Jahren gar nicht rosig aus, erst am 3. September 2081 soll es wieder soweit sein. Aber drei Termine, die man sich ev. noch merken könnte: Texas oder Niagarafälle am 8. April 2024, die Iberische Halbinsel bzw. Mallorca zum Sonnenuntergang am 12. August 2026 sowie Gibraltar am 2. August 2027.
Die besten Plätze zur Sonnenfinsternis-Beobachtung am 21. August 2017:
Der Kernschatten des Mondes trifft auf das Festland der USA um 10:15 Uhr Ortszeit (PDT/Pacific Daylight Time!) und verdunkelt den Küstenstreifen zwischen Pacific City und Waldport, mit einer maximalen totalitären Phase von 1:58 min in Lincoln Beach. Darauf durchquert der Pfad der Sonnenfinsternis recht zügig die US-Bundesstaaten Oregon, Idaho, Wyoming, Nebraska, Missouri, Kentucky, Tennessee und Georgia, um in South Carolina bei Charleston gegen 14:50 Uhr (EDT/Eastern Daylight Time!) den nordamerikanischen Kontinent wieder zu verlassen. Die vier Zeitzonen sind hier ev. etwas verwirrend, die ganze Show von West nach Ost dauert jedenfalls gerade mal 1:35 Stunden! Bei Wikipedia gibt es hierzu eine nette Animation (UT bedeutet “Universal Time”/Greenwichzeit; PDT = UT-7 Std, MDT = UT-6 Std).
Desto mehr man sich im Zentrum der Totalitätszone befindet, umso länger ist die Dauer der Verfinsterung. Auch verlängert sich die Dunkelheitsphase anfangs je weiter man nach Osten vordringt, nordwestlich von Nashville ist sie mit 2:40 min dann am längsten. Aber einen nicht ganz unwichtigen Aspekt für die erfolgreiche Beobachtung einer Sonnenfinsternis stellt das Wetter dar. An der Küste ist es zu dieser Jahreszeit nicht selten feucht und neblig, in den Kaskaden und Rockies oft bewölkt – nicht gerade optimale Voraussetzungen. Auch die östliche Hälfte der USA zeigt sich nicht ganz so “schönwettersicher” wie das Gebiet zwischen dem Willamette Valley in Oregon und den Nebraska Sandhills. Diese Grafik veranschaulicht recht gut den historisch durchschnittlichen Bewölkungsgrad im Monat August in Abhängigkeit von der Tageszeit. Dort erkennt man schnell, dass – statistisch gesehen – das nördliche Oregon sowie der Osten oder Westen von Idaho die besten Chancen auf einen klaren Himmel am späteren Vormittag bieten. Auch Nebraska zählt noch zu den besseren Orten um diese Sonnenfinsternis zu beobachten.
Ein weiterer Punkt, den man bedenken sollte, ist die Verkehrsanbindung des Ortes, in dem man sich aufhalten möchte. Desto leichter man von dort in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen kann um potentiellem Schlechtwetter zu entfliehen, umso größer die Chancen auf ein ungetrübtes SoFi-Erlebnis. Besonders hervorgehoben werden diesbezüglich in Oregon (Karte) die Orte Madras (2:04 min um 10:19AM; detaillierter Kartenausschnitt), von wo man auch die vorausgehende Verdunkelung des immer schneebedeckten, 3.199 m hohen Mount Jefferson gut erkennen kann, sowie weiter östlich Huntington (2:09 min um 10:24AM).
Wer es doch bevorzugt draußen am Pazifik zu bleiben, findet zum Beispiel in der Yaquina Head Outstanding Natural Area einen leicht zugänglichen Küstenabschnitt mit einem hübschen Leuchtturm oder bei Neskowin reichlich apokalyptisches Flair an der Ghost Tree Beach. Das schöne Cape Kiwanda liegt leider viel zu sehr am Rand des Schattens und Orte wie “Cape Foulweather” scheiden vermutlich schon aufgrund der Namensgebung aus…
In Idaho (Karte) gilt allen voran Rexburg als guter Standort, sowohl aus wetter- als auch verkehrstechnischer Sicht (2:17 min um 11:33 Uhr, bereits MDT!). Die Stadt befindet sich ziemlich genau im Zentrum des Schattens und die Braun- und Schwarzbären im dort ansässigen Bear World werden sich wohl etwas fürchten…
Im US-Bundestaat Wyoming verfehlt der Kernschatten die Geothermalgebiete im Yellowstone NP leider ganz knapp (eine SoFi umgeben von gespenstisch dampfenden Quellen und Geysiren wäre sicher kaum zu toppen!), aber nur wenige Kilometer weiter im Süden im Grand Teton Nationalpark wird schon der Tag zur Nacht (Karte), mit einer maximalen Verfinsterungszeit direkt an der Landebahn des Jackson Airports von 2:20 min um 11:34AM. Mit der Jackson Hole Aerial Tram gelangt man relativ flott auf den 3.331 m hohen Rendezvous Mountain. Das 360°-Panorama und der Blick von oben auf den heraneilenden, dunklen Schattenkegel ist auch sicherlich ein unvergessliches Erlebnis. Wenn das Wetter mitspielt…!
Wieder beste Aussichten auf einen wolkenfreien Himmel hat man etwas weiter östlich in der Gegend rund um Riverton (2:23 min um 11:39 Uhr) sowie beim verkehrstechnisch sehr günstig gelegenen Casper (2:26 um 11:42; gute Kartenübersicht).
Geschichtsträchtige Orte am Oregon Trail wie der Chimney Rock und das Scotts Bluff NM in Nebraska (Karte) liegen ebenfalls innerhalb der Totalitätszone. Dasselbe gilt für die kleine Siedlung Alliance (Karte; 2:30 min um 11:49AM). D.h., Carhenge könnte durchaus ein recht interessanter/skurriler Ort sein um sich die SoFi 2017 anzusehen! Und wer mag, kann sie auch live vom Toilettensitz erleben, sofern sich diese lustige Installation noch immer dort befindet und nicht gerade besetzt ist… Als ich das letzte Mal dort vorbeigekommen bin, gab es noch kein Wifi!
Soviel zu den Tipps hinsichtlich der besten Plätzen im “Nordwesten der USA” für die SoFi 2017. In der Folge durchstreift der Kernschatten den vom touristischen Standpunkt eher weniger interessanten Mittleren Westen der USA und am Ende dann noch den historischen Süden. Für diese Gebiete hier noch ein paar weiterführende Links:
Was passiert bei einer totalen Sonnenfinsternis?
Einige werden sich sicherlich an den 11. August 1999 erinnern, als um die Mittagszeit die dunkle Nacht über Mitteleuropa hereinbrach und sich entlang eines schmalen Streifens quer durch Süddeutschland und Österreich eine beklemmende Stille breit machte. Petrus war uns Österreichern wohl gesonnen, dafür stimmte das, was sich da bereits seit den frühen Morgenstunden auf den Straßen abgespielt hat, schon auf den “Weltuntergang” ein. Mit der Folge, dass recht viele Leute es gar nicht bis in die Totalitätszone schafften…
Während einer totalen Sonnenfinsternis verdeckt der Mond die Sonne zur Gänze, so dass der Tag schlagartig zur Nacht wird. Schon kurz vor der Totalität kündigt sich die drohende Finsternis mit einer unnatürlich fahlen und grünlichen Tönung des Himmels an. Zudem treten – bedingt durch Turbulenzen in der Atmosphäre – sogenannte “fliegende Schatten” bzw. sich schnell hin und her bewegende Licht-/Schatteneffekte in Erscheinung, die sich am besten auf hellen Oberflächen ausmachen lassen. Auch wirkt das Blätterwerk von Bäumen oder Sträuchern wie eine Lochkamera, so dass in ihrem Schatten kleine Sonnensichel und Lichtkringel auf dem Boden sichtbar werden.
Die allerletzten Sonnenstrahlen, die durch die tiefen Täler an der Mondoberfläche noch die Erde erreichen, verwandeln kurz vor der Totalität den Rand unseres Erdtrabanten in eine Perlenkette (Perlschnurphänomen). Unmittelbar darauf kann man für ein paar Sekunden die Chromosphäre der Sonne erkennen und anschließend ihre Korona und ggf. sogar Protuberanzen.
Wie dunkel es zum Höhepunkt im Kernschatten tatsächlich wird, das hängt von seiner Breite ab, die bis zu 273 km betragen kann. Bei der Eklipse am 21. August 2017 ist er nur maximal 115 km breit, daher wird es selbst im zentralen Bereich nicht 100%ig finster. Im Prinzip herrschen eher ähnliche Bedingungen wie während einer Vollmondnacht oder wie während der letzten Hälfte der sog. “Blauen Stunde”, eine 3/4 Stunde nach Sonnenuntergang. Sterne und Planeten lassen sich bereits am Himmel gut erkennen! Allen voran die Venus sollte man einige Minuten vor Eintreten der Totalität westlich der Sonne schon sehen können.
Und anders als bei einem Sonnenuntergang, erscheint im Moment der totalen Verfinsterung der Zenit bereits dunkelblau/schwarz während der Horizont gelb/rötlich gefärbt ist. Neben dem plötzlichen Einbrechen der Nacht und dem damit einhergehenden Verstummen der Vogelgesänge oder dem Schließen der Blüten bei Pflanzen, gibt es noch ein durchaus spürbares Phänomen: der rasche Temperaturabfall! 5-6°C innerhalb weniger Minuten sind keine Seltenheit, und die “Kälte” wird umso größer umso länger die Totalität andauert. Der historische Maximalwert beträgt über 7 Minuten, hier liegt die SoFi 2017 mit maximal 2:40 min eher im unteren Mittelfeld.
In Europa wird das Event übrigens nur als kaum wahrnehmbare partielle Sonnenfinsternis zu sehen sein und das auch nur ganz im Westen (Karte).
Last but not least noch ein paar Tipps:
- Rechtzeitig SoFi-Sonnenbrillen besorgen. Sie sind kurz vor dem großen Tag meist hoffnungslos ausverkauft!
- Sich rechtzeitig um Quartiere kümmern, sonst wird es teuer oder man bekommt mancherorts gar kein Zimmer mehr! Normalerweise können die Lodges in beliebten Nationalparks erst im Sommer für den darauffolgenden Sommer gebucht werden. Anders allerdings im Yellowstone Nationalpark, dort ist man jetzt noch gerade rechtzeitig dran, denn seit 1. Mai lassen sich die Unterkünfte im Park für Sommer 2017 online reservieren mit der Folge, dass die Doppelzimmer im Old Faithful Inn wie auch die billigeren Cabins der Old Faithful Lodge schon gut gebucht sind! Einer dieser Plätze, die man leider vor der Flugbuchung (erst 360 Tage im Voraus möglich) reservieren muss… In und rund um Jackson, WY ist auch in ganz normalen Jahren der Andrang riesengroß, da möchte ich lieber nicht wissen wie es dort zur SoFi zugehen wird…
Und ansonsten wünschen wir Euch natürlich ganz, ganz viel Glück, falls Ihr Euch nächsten August zu den (sicherlich nicht gerade wenigen) USA- und “Finsternis-Touristen” dazugesellt!!!
cool
Wir werden es in Oregon probieren … Danke für den schönen Bericht!
Viele Grüße aus Kanab / Utah
Peter
Das ist ja schön, dass Ihr im Urlaub schon den nächsten Urlaub plant!
Noch viel Spaß drüben und grüßt das GSENM schön von uns!
Danke für die vielen tollen Infos. Super zusammengestellt!
Gruß
Lothar
Danke Lothar! Schöne Pfingstfeiertage noch!
Hallo Isa
Wir haben aufgrund von Jonahs Ferien das erste mal das Vergnügen im Sommer rüber zu fahren. Zur SoFi sind wir genau in Newport. Da wir uns in dieser Ecke überhaupt nicht auskennen habe ich gehofft in diesem super Bericht ein bisschen Hilfe zu finden. Du hast ja das Yaquina Head Light angesprochen. Es ist ja nur 10 Minuten entfernt. Dein Foto vom Lighthouse ist ja so fotografiert, dass ich die SoFi in meinem Rücken habe. Ich müsste also auf die Rückseite des Headlights. Ist das möglich bei der SoFi ein Foto zu machen. Sorry wenn ich so frage aber ich habe sowas noch nie erlebt. Geht es das man quasi gegen das Licht fotografiert um den Ring mit in das Bild zu bekommen oder würdest Du einen anderen Punkt wählen. Da wir wieder einen vollen Plan haben bleibt mir nicht viel Zeit um das Gebiet rund um das Lighthouse zu sichten. Ich wollte eigentlich am am Abend vorher hin um den Sunset und noch Nachtfotos zu machen. Wäre Klasse wenn ihr beiden einige fotogene Tips für mich habt.
VG Andre
Hallo Andre, schwierige Frage. Also ich würde die Sonnenfinsternis ja nur einfach so genießen wollen und die Kamera während der (super)kurzen Zeit beiseite legen. Leuchtturm + Sonne wird da eher schlecht gehen, fürchte ich. Entweder Du zoomst und dann hast Du kaum etwas von der Landschaft drauf oder Du filmst. Ich glaube, Zweiteres wäre eher meine Wahl oder eben das mit der Kamera im Rucksack Lassen. Nicht dass man vor lauter Technik die ganze Sonnenfinsternis verpasst!
Yaquina Head ist an sich eine tolle Gegend und da ist der Blick in alle Richtungen frei, insofern sollte das dort schon ganz ok sein. Hoffe ich!
Schönes we,
Isa
Toller Bericht, bin durch Zufall darauf gestoßen, wir reisen seit 1999 den Sofi`s hinterher auf der Jagd nach dem perfekten Foto. Wir haben Idaho Falls als Beobachtungspunkt auserkoren. Wir drücken allen die Daumen und wünschen einen wolkenfreien Himmel. Wer das noch nie erlebt hat, dem kann ich nur empfehlen, vorher an der Sonne mit Filter schon mal zu Hause üben. Mit einer guten vorüberlegten Bildserie und einem Fernauslöser klappt das schon und man kann das Ganze genießen. Dass Wichtigste ist, in den spannenden Momenten nicht hektisch werden und wenn Wolken kommen, auf Videomodus gehen falls ein Wolkenloch doch die Sicht freigibt und einfach den Moment der Totalität geniesen.
Liebe Grüße Miriam
Hallo Miriam, dann wünsche ich Euch allerbestes Wetter für den Tag und eine tolle Reise!