Island – Polarlichter im Sommer?
Im Sommer gibt es doch keine Polarlichter!? Da wir immer wieder mit dieser Frage oder Aussage konfrontiert werden, muss ich hier mal einen kurzen Bericht zu diesem Thema schreiben. Und es gibt sogar einen erfreulichen aktuellen Anlass dazu. Unsere lieben Freunde Heide & Heiko sind gerade auf Island unterwegs und erleben seit 1,5 Wochen die “Reise ihres Lebens”.
Aber um gleich mal die Frage zu beantworten: Natürlich kann es Polarlichter im Sommer geben! Wieso sollte sich denn die Sonne nach den Jahreszeiten auf der Erde richten? Auf ihr brodelt es munter vor sich hin, auch im Sommer, nur sehen wir dann die Polarlichter meistens nicht, weil es in nördlichen Breiten zwischen Mitte April und Anfang August einfach nie dunkel wird. Jetzt ab Mitte August gibt es in Island wenigstens wieder eine richtige “Blaue Stunde” und genau dann kann man die Lichter – mit viel Glück – auch schon am Himmel tänzeln sehen! Im Übrigen, das Ganze gilt nicht nur für Island, sondern z.B. auch für Alaska oder den Yukon! Und am Icefields Parkway weiter südlich in den kanadischen Rockies durften wir Polarlichter schon mal Anfang August erleben.
Und aus der Erfahrung der letzten Tage kann ich nur einen Tipp geben: Vertraut keinen Prognosen, zumindest keinen Langzeitvorhersagen! Der Sonnensturm heute Nacht kam einen ganzen Tag zu früh! Nichts deutete gestern Abend auf so eine Wahnsinnsnacht hin! Als ich dann hier in Dresden kurz vorm ins Bettgehen “einfach nur mal so” noch die aktuellen Magnetometer-Daten aus Island angeschaut habe, traute ich meinen Augen kaum. Ist unter “H”, der horizontalen Komponente des Erdmagnetfelds, nur ein gerader Strich zu sehen, ist in der Atmosphäre nicht viel los, aber das hier sah schon ziemlich verrückt aus:
“Wenn beim mittleren Diagramm (H) die Kurve plötzlich stark absackt oder zum wild Herumschwanken anfängt, muss man sofort raus sein Stativ aufstellen”, so hatte es uns ein Isländer letzten Herbst erklärt. Mit dem wissenschaftlichen Hintergrund habe ich mich leider bisher noch nicht beschäftigt, aber eines können wir sagen: Sie sind DER Geheimtipp und der allerbeste Indikator für Polarlichter überhaupt!
Und was ich da sah war irre, ein gigantisches AUF und AB… ähnlich wie bei uns im September 2015, als wir die vielen schlaflosen, traumhaft grün-rosaroten Nächte hatten!
Die Vorhersagen auf den gängigen Polarlichter-Webseiten waren seltsamerweise noch immer nicht berauschend ->!?
Dann habe ich aber die Northern Eye App eingeschalten… und… …
Nur wenige Sekunden später hatte ich Heiko schon am (Whatsapp-)Telefon, der an der Südküste in Vik angesichts des Wetters (Sturm und Regen) gerade auf dem Weg ins Bett war.
Kp=6 in 3 Stunden sagte das Northern Eye voraus! Er hat in Windeseile seine 7 Sachen gepackt und ist sofort los und gut 100 km weiter nach Westen gefahren, wo der Himmel völlig wolkenfrei und auch der Sturm nicht mehr ansatzweise so stark war. Wobei nur jener Sturm am Erdboden… denn der am Himmel sollte sich schon bald als absoluter Volltreffer entpuppen! Und im Lauf der Nacht zeigte uns Northern Eye sogar noch einen unglaublichen Kp=7 an. Das ist ein Wert, bei dem man die Polarlichter sogar schon in Norddeutschland sieht!
Daher hier also noch ein Tipp für einen Sommerurlaub in Island:
- ab Mitte August auch an Polarlichter denken!
sowie zwei der wichtigsten Sachen überhaupt für eine erfolgreiche “Aurora-Jagd”:
- abends den Prognosen nicht trauen und sicherheitshalber den (oben beschriebenen) H-Graphen verfolgen und/oder sich bei einer Polarlichter-App den Alarm auf Kp=3 stellen
- die Posts in den diversen Island-Aurora-Gruppen auf Facebook verfolgen
- Wettervorhersagen bei vedur.is und belingur.is beachten, denn 50-100 km sind keine Entfernung, wenn es um solch eine Show geht!
Zitat aus der Nacht:
“Der Himmel sprüht, es ist der Wahnsinn!”
“Ja, das lila war zu sehen, vollkommen irreal. Zum Schluss sah der Himmel wie ein Zirkuszelt aus, das auf einen herab fällt. Wahnsinn, unbeschreiblich.”
(auf meine Frage ob die Lichter denn selbst mit bloßem Auge farbig waren, grün oder sogar auch rosa und lila)
Rechts schon mal ein erster Screenshot von heute Nacht.
Entstanden zum Zeitpunkt, wo der H-Wert extrem abgesackt ist, denn 3:39 Uhr in Deutschland (Fotoapparat war nicht umgestellt) ist ja 1:39 Uhr Island-Zeit.
Und was ich vielleicht noch erwähnen sollte: Bereits am 17. und 22. August hatten Heiko & Heide kurz Polarlichter gesehen, einmal sogar als sie gerade genüsslich ein Glaserl Rotwein im Hot Tube ihres Ferienhauses geschlürft haben!
Und es geht noch besser: Nur wenige Stunden zuvor gestern Abend hatte Heiko Papageientaucher in Dyrholey fotografiert. Da das Wetter noch relativ mild ist, haben die süßen kleinen Huscheln Island noch nicht verlassen!
Wir wussten, dass es theoretisch möglich sein kann, dass man während einer Reise das ganze Top3-Programm von Island hat: Hochland, Papageientaucher & Polarlichter. Aber bislang kannten wir niemanden, der das tatsächlich erlebt hat und schon gar nicht an einem einzigen Tag!
Mittlerweile würde ich fast Mitte August als -> DIE Reisezeit für Island bezeichnen!
(muss dann mal bei Gelegenheit diesen Blog-Bericht aktualisieren sowie den übers Polarlichter Fotografieren… )
Allerdings kann ich das, was einem anderen Freund letzten August dort widerfahren ist, auch nicht ganz vergessen: Zwei Wochen Dauerregen, Nebel und Sturm. Ihm hat es auf der Insel daher gar nicht gefallen!
Island ist leider einfach unberechenbar, aber genau das macht es so faszinierend! Ich könnte sofort wieder die Koffer packen und Steffen ist in Gedanken sowieso nur noch mehr dort…!
Allen, die jetzt gerade in Island sind oder die im Herbst nach Polarlichter Ausschau halten, wünschen wir genauso viel Glück und viele bunte Nächte!
Ja, das liebe isländische Wetter
Auch meine erste Island-Erfahrung im Sommer 2010 glich eher der deines anderen Freundes. Doch zwei sonnige Winterwochen in diesem Februar haben mein Urteil natürlich vollkommen umgedreht
Danke für den Tipp mit der Grafik, die kannte ich noch nicht…
LG Sandra
Hi Sandra,
You are welcome!
Die andere Grafik, wie schlimm es inzwischen um die Lichter bestellt ist, kennst Du auch oder?
-> http://www.swpc.noaa.gov/products/solar-cycle-progression
Wobei die letzten Tagen da wieder eine ordentliche Ausnahme von der Regel waren!
LG, Isa
Ich weiß, dass ist hier nicht der richtige Ort dafür, aber ich fand den Blog echt gut, und hab jetzt mal zwei Fragen. Wieso ist es denn nicht möglich Polarlichter im Juni zu sehen? Da gibt es doch auch 4 Stunden völlige Dunkelheit. Laut Internet geht die Sonne um 23.30 Uhr unter und erst um 3.30 Uhr wieder auf. Ist denn dazwischen nicht dunkel genug, um Polarlichter zu sehen?
Und leben die Papageitaucher ab September wirklich ausschließlich auf dem offenen Meer?? Ziehen die sich nicht mal auch aufs Festland zurück?? Danke für eventuelle Antworten.
Hallo Stella,
ja die Sonne geht zwar “unter”, aber sie verweilt nur ganz knapp unter dem Horizont. D.h., im Juni hast Du nicht mal eine blaue Stunde, der Himmel sieht dann um 2 Uhr morgens in etwa so aus wie auf dem 3. und 4. Foto im Fjallsarlon-Bericht. So kannst Du unmöglich Polarlichter sehen. Selbst Mitte/Ende August hast Du nur 2-3 Stunden ausreichende Finsternis dafür.
Allerdings ist der schier endlose Sonnenuntergang im Juni wirklich beeindruckend! Den darf man, wenn das Wetter passt, eigentlich auch nicht verschlafen.
Und ja, es klingt wirklich verrückt, aber die kleinen Huscheln überwintern wirklich draußen auf dem Meer und kommen erst im Frühling wieder zurück nach Island, Schottland, Whales usw.
Nun ja, dann wird es wohl Zeit, sich in den nächsten Jahren anderen Winterzielen zu widmen
Habe im kommenden Winter nur eine Nacht in Reykjavik, da stehen die Chancen wohl eher schlecht
LG Sandra
Liebe Isa,
ich habe deine Fotografie-Tipps für die Nordlichter in Island 2019 ausprobiert, vielen Dank dafür! Gut, auf einem wackelndem Schiff sind die Möglichkeiten begrenzt, aber es hat geklappt… :-)
Und danke für den Tipp mit der Skala, ich habe da sehnsüchtig draufgestarrt und auf einen Ausschlag gewartet… ;-) Es ist ein guter Hinweis für alle, die es nicht verpassen wollen.
Liebe Grüße
Kasia
Freut mich, Kasia!
Alles Liebe und bald wieder viele tolle Reisen.