Vulkanausbruch auf Island – Wanderweg, aktuelle Infos und Videos

Der Vulkansausbruch beim Fagradalsfjall in Island, aufgenommen von unserem lieben Freund Volker (nachts, Mitte April). Ganz lieben Dank! ;-)Ein Vulkanausbruch mit Ansage. Es war vor etwa 15 Monaten, als sich die Erde rund um die Hafenstadt Grindavík im Südwesten Islands langsam anfing zu heben und zunehmend bebte. Offensichtlich bewegte sich dort Magma unter der Oberfläche. Auf eine etwas ruhigere Zwischenphase folgte eine erneute Zunahme der seismischen Aktivität und Anfang März 2021 wackelte dann die Erde auf der Halbinsel Reykjanes nahezu im Minutentakt. Über 50.000 Beben wurden jetzt während der letzten drei Wochen registriert, einige von ihnen erreichten die Stärke 5 und mehr auf der Richterskala, bei nicht erdbebensicheren Gebäuden kann es da schon zu ernsten Schäden kommen. Das Epizentrum hatte sich etwas weiter nach Osten verlagert und konzentrierte sich nun rund um den Vulkan Fagradalsfjall, Teil des Krýsuvík-Trölladyngja-Vulkansystems das auch für das Dauerblubbern der Schlammtöpfe südwestlich des Kleifarvatn und für die Farbenpracht von Sogin verantwortlich ist. In den umliegenden Ortschaften und in der nur 30 km entfernten Hauptstadt Reykjavik (Luftlinie) war man in Alarmbereitschaft. Wissenschaftler gingen aber von einem eher kleineren Ausbruch aus, der hoffentlich für besiedelte Gebiete keine Bedrohung darstellen sollte.

Vorgestern am 19. März war es dann so weit und kurz vor 9 Uhr abends färbte sich der Himmel über Reykjanes plötzlich knallrot. Mittlerweile kann man per Webcam live dabei sein und zusehen wie ein “Mini-Vulkan” kontinuierlich Lava “spuckt” und dabei immer weiter in die Höhe wächst. Unglaublich friedlich geht alles vonstatten und die glühende klobige Masse im Tal schiebt sich nur ganz langsam voran. Für seinen großen Auftritt hat sich der Vulkan übrigens einen denkbarst günstigen Standort ausgesucht, ein Tal weit abseits der Straßen, Städte und Siedlungen. Anderorts in Island meist ein Leichtes, aber just auf dieser Halbinsel nicht, denn dort wohnen gut zwei Drittel der gesamten isländischen Bevölkerung. Er hat sich auch einen etwas einfacheren Namen als jener im Jahr 2010 ausgesucht: Zentrum des Geschehens ist vorerst eine von kleineren Bergen eingekesselte Erdspalte im Tal Geldingadalur (63.88899, -22.27062; Karte). Die Isländer sprechen daher vom Geldingadalsgos, übersetzt bedeutet das “Ausbruch im Eunuchental”. Ein wunderbarer Name! Und die Aussprache ist kaum besser, hier bei Minute 0:12… :D
Die Blaue Lagune ist 8 km Luftline entfernt und zur nächstgelegenen Ortschaft Grindavík sind es rund 10 km.

Aller Warnungen zum Trotz (höhere Konzentration an giftigen Gasen im Umfeld der Eruption usw.) haben sich gestern im Lauf des Tages immer zahlreiche Schaulustige direkt am Ende der glühenden Masse und auch auf der Anhöhe unmittelbar vor dem kleinen neuen Krater versammelt. Helikopter haben für Nachschub gesorgt und auch Cessnas kreisten regelmäßig über das Gebiet. Hier sieht man wie nahe manche selbst nachts an der Eruption dran waren. Im Internet gibt es sogar Fotos, auf denen ein Isländer dort mit seinem Hund “Gassi gegangen” ist. Andere wiederum ließen ihre Füße aus dem Helikopter baumeln um die Hitze besser zu spüren oder backen ihre Pizza und grillen Würstchen auf dem Naturofen. :D
Alternativ geht es nur mit festen Wanderschuhen hin, ein langer Marsch und das Durchqueren von alten Lavafeldern ist kein großes Vergnügen. Die Straße im Süden (Luftlinie 3 km) wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt, vom improvisierten Parkplatz östlich von Grindavík (wo derzeit die Straße #427 endet) sind es 7 km. Mindestens 2 Stunden ist man da locker unterwegs. Update: Am 23.3 haben sie 3,5 km dieser Straße wieder für den Verkehr frei gegeben und die Wanderung dadurch signifikant verkürzt (nur noch 3,5 km one-way). Die aktuellen Straßenbedingungen und -sperren lassen sich hier einsehen.

Den besten Eindruck verschaffen aber Videos:


 

Wie lange wird der Vulkanausbruch noch andauern?

Manch einer mag sich wundern, warum dieser Vulkanausbruch etwas anderes als gewohnt aussieht. In Island bilden sich dort, wo die Eurasiche und die Nordamerikanische Kontinentalplatte aufeinander stoßen, gerne sog. Spaltenvulkane. Statt aus einem zentralen Förderschlot tritt die Lava dann aus einer Erdspalte aus. Im Geldingadalur zu Füßen des Fagradalsfjall ist der Erdboden inzwischen auf einer Länge von etwa 200 m aufgerissen.
Was genau in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten oder sogar Jahren passieren wird, diese Frage vermag keiner zu beantworten. Der isländische Geologe Páll Einarsson meinte gestern in einem Interview, für die Zukunft gibt es eine ganze Reihe von Szenarios und nur ein einziges sei mittlerweile unrealistisch geworden und zwar jenes, dass es keine Eruption geben wird. Herrlich der isländische Humor! :D
Update 22.3: Mittlerweile gibt es etwas konkretere Aussagen. Man geht davon aus, dass wenn der Lavafluss die 3 m³ pro Sekunde unterschreitet, könnte es das baldige Ende bedeuten. Aber selbst dann sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, denn sie kann schon nach nur einer Woche oder einem Monat anderswo einen neuen Weg an die Oberfläche finden. Derzeit schießt sie im Geldingadalur jedenfalls noch mit 5-10 m³ pro Sekunde aus der Erdspalte.

Interessant finde ich vor allem den Blick in die Vergangenheit. Während des Holozäns, dem “Nacheiszeitalter”, kam es auf Reykjanes in regelmäßigen Abständen zu Ausbrüchen. Im Schnitt machten sich die Vulkane alle 900-1100 Jahre bemerkbar, so auch jetzt wieder. Spannend dabei ist vor allem die Tatsache, dass diese unruhigeren Zeiten dann jeweils immer rund 500 Jahre andauerten. So gehen die letzten drei Ausbrüche auf die Perioden 800-1240 n.Chr., 400 v.Chr.-100 n.Chr. sowie 1500-1000 v.Chr. zurück. In diesem Artikel wird der Sachverhalt schön erläutert und eine Übersichtkarte zeigt, welchem Ausbruch die aktuellen Lavafelder auf Reykjanes jeweils zuzuordnen sind.

In der derzeitigen Situation durchaus erfreuliche Nachrichten. Denn wenn die Eruption wirklich 500 Jahre wieder anhalten sollte, dann dürfen wir sogar hoffen… hoffen, dass wir bis dahin auch alle geimpft sind und problemlos wieder in Island einreisen dürfen. ;)
Und dann hat man schon direkt vor der Landung ein kleines Highlight, vorausgesetzt man sitzt auf der richtigen Seite des Fliegers. Und falls der Flughafen aus Sicherheitsgründen doch wieder gesperrt wird, gibt es ja zum Glück noch einen weiteren oben im Norden in Akureyri! Wir dürfen gespannt bleiben… ;)

 

Und hier die laufenden UPDATES und aktuellen Infos zum Vulkanausbruch

Update 6.4.: Seit gestern fließt die Lava noch aus einer zweiten Spalte rund 700 m weiter nordöstlich und das zum Teil mit recht hoher Geschwindigkeit sogar. Mit bis zu 10 m/s bewegte sie sich talabwärts (Video). Das ganze Gebiet musste evakuiert werden und heute ist es noch immer sicherheitshalber für alle Besucher gesperrt. Man hat am 24.3. begonnen die Besucher zu tracken, anfangs war mächtig viel los vor Ort -> Statistik.

Update 10.4: Ein lieber Freund hat mir heute einige sehr nützliche Links geschickt, die ich hier unbedingt auch teilen möchte:
Karte mit den neuen Wanderwegen zum Vulkan beim Fagradalsfjall mit toller Simulation zur zeitlichen Abfolge der neuen Lavaflüsse
– ein 3D-Blick auf die zwei neuen Wanderwege
Übersichtskarte mit allen aktuellen Webcams usw.
– sehr gute Info-Übersicht bei safetravel.is (aktuelle Sicherheitshinweise sowie GPX-tracks zu den Wanderwegen usw.)

Update 12.4: ein weiteres schönes aktuelles Video

Update 16.4: Inzwischen ist die Spalte rund 1 km lang und die Lava sprudelt aus weiteren immer mehr in die Höhe wachsenden Kegeln. Heute sind es 7 an der Zahl und sie tragen schon die inoffiziellen Namen Bob, Nar, Rag, Sif, Helf, Ulf, Flo. Auch fließt die Lava neuerdings weniger in Richtung Norden, wo sie sich zuletzt im Tal “Meradalir” ausgebreitet hat, sondern wieder mehr nach Süden und dort z.T. schon über den “Wanderweg A”. Dies hat zur Folge, dass der Fußmarsch jetzt schon um einiges früher endet und man nicht mehr ganz so nahe an die spuckenden Krater rankommt.

Update 20.4.: Ein lieber Freund war die letzten Tage vor Ort. Hier sein Bericht mit vielen neuen Bildern -> Island – zu Besuch am Fagradalsfjall-Vulkan. Es gilt übrigens neuerdings ein nächtliches Zutrittsverbot ab 21 Uhr, weil ab 23 Uhr das Rescue Team die Besucher an der Eruptionsstelle vertreibt. Bis 6 Uhr morgens darf dann keiner mehr dort sein. So sind nun auch die Chancen, den Ausbruch mit Polarlichtern zu verewigen schwindend klein, ab Mai sogar unmöglich, weil es nachts gar nicht mehr ordentlich dunkel wird auf der Insel.

Update 23.4.: Hier mal ein schöner Vergleich: die Karte vom ursprünglichen Verlauf des Wanderwegs A (Link) und die neue Karte nach seiner Verlegung (Link).

Update 6.5.: Es klingt unglaublich, aber der (die/das?) Geldingadalsgos hat sich erneut dramatisch verändert. Die Lava schießt seit einigen Tagen nur noch aus einem Kegel, dafür sind die roten Fontänen bis zu 300 m hoch. Man sieht sie selbst von Reykjavik schon sehr gut, d.h., rund 70% der isländischen Bevölkerung kann das Spektakel ganz bequem “von ihrem Balkon aus” verfolgen. Hier ein absolut beeindruckendes Video von Iurie Belerguschi mit der Kirche in Reykjavik und dem Fagradalsfjall.
Man spricht mittlerweile von einem “Lava Geysir“, denn die Eruption ist nicht mehr kontinuierlich. Sie legt öfters minutenlange Pausen ein. Ingesamt ist aber die Eruption mittlerweile doppelt so stark wie zu Beginn im März. Auch breitet sich die Lava wieder weiter nach Nordosten ins Meradalir aus.

Update 14.5.: Der Besuch ist nicht ganz ungefährlich derzeit, aufgrund der hohen Fontänen können die in die Luft geschleuderten glühenden Lavabrocken bei stärkerem Wind erst in gut 600 m Entfernung auf die Erde auftreffen -> Lava Rain.
Und hier noch der Link zu zwei aktuellen grandiosen Fotos -> Link und Link.
Es gibt mittlerweile Pläne um die wichtige Verbindungsstraße #427 an der Südküste von Reykjanes von der Lava zu retten, ein hoher Schutzwall soll errichtet werden.

Update 15.5.: Der Wanderweg ist inzwischen deutlich breiter. Er wurde erneut verlegt und das steile Stück mit den Seilen komplett entfernt. Angeblich kam es dort zu 2-3 Knöchelbrüchen am Tag (Quelle)!
In wenigen Wochen wird vermutlich auch der neue Parkplatz fertig, der die Wanderung um gut 1,3 km pro Strecke verkürzt. Ein hoher Schutzwall soll außerdem die Straße 427 entlang der Südküste von der Lava schützen. Die Suðurstrandarvegur verbindet die Ortschaften Grindavík und Þorlákshöfn.

Update 20.5.: Es ist so weit, ab heute werden am Parkplatz eine Gebühr von 1000 ISK (ca. 6,70 Euro) erhoben, online zu bezahlen unter www.parka.is

Update 23.5.: Gestern ist ein Schutzwall gebrochen und die Lava ist die steilen Flanken hinunter in Richtung Küstenstraße gestürzt. Zum Glück nicht in Richtung Hauptparkplatz, sondern zum kleineren Zweitparkplatz weiter im Süden. Vom Weg A (den Weg B benutzt derzeit kaum jemand!) ist der Blick auf diesen neuen “Lava-Fall” sehr beeindruckend (Video und noch ein Video mit Erklärung)! Die glühenden Massen breiten sich nun im Tal Nátthagi aus, wie man sehr gut auf der Karte sowie auf diesem Drohnen-Video sieht, das gestern um die Mittagszeit aufgenommen wurde. Das Ganze wird auch hier recht übersichtlich dargestellt und hier lässt sich der zeitliche Ablauf gut verfolgen. Die Lava schießt übrigens mittlerweile nicht mehr ansatzweise so hoch aus dem Vulkankegel wie vor zwei Wochen.

Seit heute 18 Uhr endet der Wanderweg A um gut 500 m früher, der Vulkan ist jetzt wieder deutlich weiter weg. Hier ein Screenshot von unserem Videotelefonat mit Andreas.Update 31.5.: Es hatte sich bereits abgezeichnet, der tolle letzte Aussichtshügel ist nun unzugänglich. Aus Sicherheitsgründen hat man heute um 18 Uhr den Wanderweg A um gut 500 m verkürzt. Auf dieser Karte ist die betroffene Stelle gut markiert. Der Vulkan ist von der neuen letzten Anhöhe schon deutlich weiter weg, auch stört der alte Aussichtshügel etwas beim Fotografieren, wie man auf dem Screenshot rechts erkennen kann. Erst heute Mittag hatte ich mich mit Andreas darüber unterhalten, dass diese Senke vor dem letzten Hügel problematisch werden könnte. Und nur wenig später war es auch schon so weit. Kurz bevor er eintraf, hatte man den letzten Teil des Weges gesperrt. Per Video-Skype durften wir heute Abend live miterleben, wie der Vulkan einmal ausgebrochen ist. Dabei entstand auch dieser Screenshot. Ganz lieben Dank dafür, Andreas! :)
Die Lava ist übrigens neuerdings sehr dünnflüssig und die dabei entstehenden Muster (sog. Stricklava) sind faszinierend schön! Aber sie fließt umso schneller und derzeit auch recht stark in Richtung Südwesten in das Natthagi Valley. Der Blick auf die 3D-Karte lässt da erneut Böses ahnen.

Update 10.6.: Heute in den frühen Morgenstunden ist der (zunehmend unförmiger gewordene…) Krater in sich zusammengebrochen. Der Lava-Strom hat angeblich nicht abgenommen und er fließt kontinuierlich. Eruptionen scheint es allerdings keine mehr zu geben.
Auch sah der Krater während der letzten Tag weißlich aus aufgrund der Reflektionen auf seiner glasartigen Oberfläche.

Update 19.6: Wir waren heute beim Vulkan. Vom Stóri-Hrútur und Langihryggur – aus 1,2 km Entfernung(!) – haben wir das Geschehen nur noch mit dem Tele/Fernglas verfolgen können. Wegen des relativ starken Windes haben wir auch weder was gehört noch gerochen. Es war fast so als würden wir zu Hause vorm TV sitzen. So richtig begeistert waren wir nicht, dafür hatten wir einfach schon viel zu viele spektakuläre Fotos und Videos gesehen.

Das hier ist zum Beispiel absolut genial: https://www.youtube.com/watch?v=ReOIJFFT9kw. :x

Update 18.9: Das offizielle Ende des Ausbruchs. Immerhin 184 Tage lang! Aber wie oben schon ausführlich geschildert, es kann sehr bald wieder losgehen. Oder erst nächstes Jahr. Wir sind gespannt! :)