Buchempfehlung: Wo die wilden Tiere wohnen

Heute habe ich hier im Blog mal eine Buchempfehlung für alle Naturliebhaber oder die es noch werden wollen. Dabei dreht sich alles um die Wildnis vor unserer Haustür, keiner muss in die Ferne schweifen (was derzeit ja ohnehin nicht geht). Ein einfühlsames Buch, in dem einem die Natur in der “wilden” Lausitz einfach ans Herz wachsen muss, sofern sie dort – wie bei uns – nicht schon längst fest verankert ist. Jedes Kapitel erzählt eine eigene Geschichte, das Ganze gleicht also einer Sammlung von Anekdoten aus dem Alltag eines Naturführers sowie zu seinem Werdegang. Und sie sind spannend! Karsten Nitsch lebt im Einklang mit der Natur und geht förmlich auf in seinem Beruf. Seine Leidenschaft spürt man in fast jeder Zeile.
Er beschreibt in diesem Buch u.a. sein anfängliches “Stalken” prominenter Ornithologen, die im wahrsten Sinne des Wortes hautnahe Begegnung mit einem Eisvogel, seine Erfahrungen mit den zwei “Findlingskindern” Frieda und Max (Graugans + Nebelkrähe), wie er beim Einfangen von Wolfshybridwelpen geholfen hat, welch Erlebnis die Sichtung eines jagenden Seeadlers sein kann und wie es kam dass John, die Nutria, seine Freundin ins Bein gebissen hat. Ich habe dabei auch einiges dazugelernt. So weiß ich nun, dass wir die nur für wenige Tage im Jahr knallig blauen Moorfrösche wohl erst 2022 fotografieren werden. Uns war zwar Anfang April einer zufällig über den Weg gehüpft, aber die großen Hochzeitsrituale scheinen sich eher Mitte/Ende März abzuspielen. Herrlich war in diesem Zusammenhang seine Schilderung der Erdkröten. Ihr Paarungstrieb sei wohl so stark, dass “alles umklammert wird, was sich bewegt – Männchen der eigenen Art, andere Froschlurche, ja sogar Karpfen wurden schon in der Umklammerung eines Erdkrötenmännchens gefunden”.

Zwischendurch gibt er auch immer wieder allerlei Tipps, wie man sein eigenes Leben etwas umweltbewusster gestalten kann. So waren mir persönlich die Ausführungen zu den Kinderspielen nach den Büchern von Joseph Cornell etwas zu ausführlich. Das sieht aber so mancher Leser sicherlich ganz anders! Mich begeisterten dafür umso mehr seine kritischen Ansätze und seine z.T. recht konstruktiven Anregungen zum Umgang mit der Natur. Seine Beobachtungen sind nur allzu zutreffend und auch wie er sie zu Papier bringt, könnte kaum besser sein! So schreibt er z.B. im Kapitel “Mit allen Sinnen durch das Jahr”:

Viele Menschen haben verlernt draußen auf Entdeckungsreise zu gehen. Man wartet darauf, dass etwas geboten wird, und lässt sich am liebsten bespaßen. Im schlimmsten Fall läuft man beim sonntäglichen Familienspaziergang, versunken in eine Diskussion über das langweilige Fernsehprogramm des Vorabends, am Tagpfauenauge oder anderen Schönheiten vorbei. Später dann, wieder vor dem Bildschirm, betrachtet man staunend den wunderschönen Falter in der Naturdokumentation, ohne zu wissen, dass man ihm bereits begegnet ist.

Ein Spiegelbild unserer Zeit! Wie oft habe ich mich, während ich bei den Guttauer Teichen (erst gestern den Blog wieder aktualisiert!) auf einem Hochsitz ruhig verharrend auf eine Rohrweihe wartete, gewundert über die Gesprächsthemen der vorbeispazierenden Besucher. Karsten Nitsch bringt es auf den Punkt.
Auch sonst regt das Buch immer wieder zum Nachdenken an. Es verdeutlicht wie sehr sich der moderne Mensch von Natur entfernt hat und ihr in vielen Bereichen den Kampf angesagt hat. So trudelten bei ihm – bevor er ans Ufer der Spree übersiedelt ist – regelmäßig Beschwerden vom Gemeindeamt ein, weil es in seinem Garten zu viel Artenvielfalt und natürliches Chaos gab. Der Naturführer zeigt auch wie einseitig mitunter unser Blick auf gewisse Dinge geworden ist. Bestes Beispiel wären unsere Monokulturen und das Waldsterben. Ganz zu recht lautet der Titel eines Kapitels: “Die Schädlinge sind wir!”

Das klingt jetzt eventuell schrecklich ernst und etwas deprimierend, aber ganz das Gegenteil ist der Fall! Sein humorvoller Schreibstil bringt den Leser immer wieder zum Schmunzeln. Ich habe das Buch fast in einem durch gelesen und kann es wirklich sehr empfehlen! Auch all jenen, die die heimische Natur erst kennen und lieben lernen möchten!

BUCHTIPP:

Wo die wilden Tiere wohnen: Mein Leben als Naturführer in der Lausitz” von Karsten Nitsch
erschienen vor zwei Wochen am 29.3.2021 im Goldmann Verlag
16 Euro; 224 Seiten; ISBN: 978-3442316090

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